ForschungMit Horror-Game gegen Angststörungen
Das Horrorgenre spielt in Filmen und Games mit unserer Angst. Forschende der Universität Cambridge möchten genau diese Horror-Szenarien nutzen, damit Menschen mit Angststörungen lernen, wie sie damit umgehen können.
Ihr sitzt in einem Kerker und plötzlich taucht aus der Dunkelheit eine gruselig aussehende menschenähnliche Gestalt auf. Das kann beängstigend sein. Die gruselige Figur soll auch angsteinflößend sein – um Menschen mit Angststörungen zu helfen. Was erst mal paradox scheint, ist ein aktuelles Forschungsprojekt von Psychiater*innen der Universität Cambridge.
Sie nutzen das Horror-Szenario, damit Patient*innen in einem sicheren Rahmen lernen, mit ihrer Angststörung umzugehen. Dafür setzen die Forschenden auf ein Computerspiel und Virtual Reality (VR), das sie zusammen mit dem Spieleentwickler Ninja Theory umgesetzt haben.
Herzfrequenz zum Steuern
Für das Spiel ist die Herzfrequenz der Patient*innen entscheidend. Darüber steuern sie das Game beziehungsweise das Wesen, das mit ihnen im Kerker ist. Das kann die Patient*innen zwar nicht sehen, weil seine Augen verbunden sind. Es kann sie aber über ihre Herzfrequenz wahrnehmen.
Sind die Spielenden ruhig – und ihre Herzfrequenz ist entsprechend ausgeglichen – kann die Gestalt sie nicht aufspüren. Sie sind quasi vor ihr geschützt. Ist ihre Herzfrequenz hingegen hoch und nimmt zu, weil sie so viel Angst spüren, kommt die Gestalt ihnen immer näher und schnappt zu.
Atemtechnik anwenden bei Angstattacken
Ziel des Spiels ist es, dass die Patient*innen lernen, ihre Angst über den Atem zu regulieren. Dafür machen sie sich am Anfang des Games mit einer Atemtechnik vertraut, bei der sie mit einer Stimme angeleitet werden.
Sie sitzen währenddessen in einem Boot und schauen auf eine friedliche Landschaft. Für die Atemübung sollen sie fünf Sekunden lang einatmen, ihren Atem für fünf weitere Sekunden halten und dann wieder fünf Sekunden ausatmen. Das hat den Effekt, dass sich ihr Herzschlag beruhigt, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Martina Schulte.
An diese Atemtechnik sollen sich die Spielenden auch dann erinnern, wenn sie im Kerker sind, also in einer Situation, die Angst und Stress auslöst, wie sie es in ihrem Alltag manchmal auch empfinden. Auf Dauer sollen sie lernen, dass sie mit ihrer Angst umgehen können.
"Durch Horrorfilme kann man sich vom sicheren Kinosessel aus seinen Ängsten stellen. Deswegen ist dieses Genre auch so beliebt."
Das Spiel ist zwar kein Ersatz für eine Psychotherapie, kann sie laut den Forschenden aber ergänzen. Dazu läuft aktuell mit rund 100 Teilnehmenden eine Studie an der Uni Cambridge.