Mental HealthWie junge Menschen sich selbst helfen

Immer mehr junge Menschen leiden unter psychischen Belastungen. Viele finden aber keinen Therapieplatz oder sind mit der aufwendigen Suche zusätzlich belastet. Julia hat einen Weg gefunden, sich selbst zu helfen – durch eine Selbsthilfegruppe.

Schon als 13-Jährige ist Julia klar, dass ihr eine Therapie helfen könnte. Aus familiären Gründen, sagt sie. Gleichzeitig hat sie die Sorge, dass ihre Familie mitbekommen könnte, wenn sie sich therapeutisch behandeln ließe.

"Etwas, womit ich permanent Problem habe, ist, verschiedene Lebensbereiche unter einen Hut zu bekommen: Uni, Arbeit, Ehrenamt, Freizeitgestaltung und meine Grundbedürfnisse zu decken."
Julia, wurde mit Autismus-Spektrum-Störung und ADHS diagnostiziert

In der Schule hat Julia zwar gute Leistungen, aber sozial eckt sie stark an. Inzwischen ist Julia 24 Jahre alt. Auch lange nach ihrer Schulzeit kostet es sie Kraft, das aufzuarbeiten. Bei einer Gelegenheit begleitet sie eine Freundin zum Treffen einer Selbsthilfegruppe für Menschen, die an Depression leiden.

"Sobald ich versuche, mich auf die Uni zu konzentrieren, merke ich, dass es mir nicht gelingt, regelmäßig zu essen, zu trinken und zu schlafen."
Julia, hat Schwierigkeiten verschiedene Lebensbereiche miteinander zu vereinbaren

Julia merkt jedoch schnell, dass diese Gruppe nicht die Hilfe bietet, die sie braucht. Ungefähr zur gleichen Zeit wird sie mit Autismus-Spektrum-Störung und ADHS diagnostiziert und gründet selbst eine entsprechende Selbsthilfegruppe, weil es diese in Aachen, wo Julia studiert, noch nicht gibt.

"Dieses Gemeinschaftsgefühl, was ich ohne die Gruppe nicht gefunden hätte, hilft mir, mich im Alltag aufzubauen."
Julia, über die ADHS-Selbsthilfegruppe, die sie selbst ins Leben gerufen hat

Denn für Julia wird immer deutlicher, dass sie den Herausforderungen ihres Alltags nicht immer gewachsen ist: Dass es ihr beispielsweise schwerfällt, alle Lebensbereiche miteinander zu vereinbaren, ohne die eigenen Grundbedürfnisse zu vernachlässigen.

Auch macht sie sich Sorge um ihre berufliche Perspektive, weil sie sich nicht in der Lage sieht, über längere Zeit hinweg eine 40-Stunden-Woche zu stemmen.

Psychische Probleme im Alter beginnen oft schon in der Jugend

Der Krieg in der Ukraine und in Nahost, Überschwemmungen, Bombenanschläge und der Klimawandel – diese Ereignisse beherrschen nicht nur die klassischen Medien, sondern auch die sozialen. Und werden somit unausweichlich, sobald man eine entsprechende App öffnet. Rund um die Uhr werden wir über humanitäre Katastrophen auf dem Laufenden gehalten.

Das ist sicherlich nicht der alleinige Grund, weshalb die psychische Belastung bereits unter Jugendlichen zunimmt. Aber es ist bekanntermaßen einer der Faktoren, der sich auf die mentale Gesundheit auswirken kann. Das "Deutsche Schulbarometer" der Robert-Bosch-Stiftung, eine repräsentative Umfrage, bestätigt, dass viele Jugendliche unter bestimmten Ängsten leiden und oft unter hohem Druck stehen.

Laut Deutschem Schulbarometer fühlt sich jede*r Fünfte belastet und mehr als jede*r dritte Schüler*in sorgt sich beispielsweise über die aktuellen Kriege in der Welt. Gleichzeitig fehlen Hilfsagebote für diejenigen, die unter einem hohen Leidensdruck stehen.

Wenn psychische Belastung in jungem Alter nicht behandelt wird

Julian Schmitz ist Professor für klinische Kinder- und Jugendpsychologie in Leipzig. Er forscht zu diesem Thema und hat an der repräsentativen Umfrage für das "Deutsche Schulbarometer" mitgearbeitet.

Er sagt, dass verschiedene Studien Aufschluss darüber geben, dass psychische Störungen im Erwachsenenalter überwiegend aus psychischen Problemen in der Kindheit und der Jugend resultieren. Und dass es sich deshalb um ein Thema handelt, was unsere gesamte Gesellschaft betrifft.

"Das ist ein Lebensspannen-Thema: Psychische Störungen wie Depression und Angststörungen sind unter den Top-Zwei Gründen, wieso Menschen krankheitsbedingt im Beruf ausfallen."
Julian Schmitz ist Professor für klinische Kinder- und Jugendpsychologie in Leipzig

Dass die psychische Belastung unter Jugendlichen ansteige, lasse mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass sich gesamtgesellschaftlich negative Folgen daraus ergeben werden, sagt der Kinder- und Jugendpsychologe.

Anonyme Hilfsangebote

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