Kulturelle RevolutionSo verändern Menschenrechte die Migrationsdebatte

Viele Menschen haben dort, wo sie leben, keinen legalen Aufenthaltsstatus. Rechte haben sie aber weiterhin. Warum Menschenrechte für Debatten um Migration heute so wichtig sind. Ein Vortrag des Rechtswissenschaftlers Jürgen Bast.

Menschenrechte sind Rechte, die jedem Menschen zustehen, egal wer er ist oder wo er ist. Sie sollen die Würde jedes und jeder Einzelnen sichern. Die Idee, dass Menschen angeborene Rechte haben, gibt es schon lange. Aber erst im Jahr 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von den Vereinten Nationen verabschiedet.

"Die Art und Weise, wie wir über Migration sprechen, wie wir argumentieren, wie wir streiten, hat sich revolutionär verändert."
Jürgen Bast, Rechtswissenschaftler

Erst seit den späten 1990er Jahren und dem Anfang der 2000er Jahre geht es in Debatten um Migration, Aufenthaltsrecht und Asyl auch ganz zentral um Menschenrechte, sagt Bast. Heute fragen wir im Zusammenhang mit Migration immer auch danach, wie die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten gewahrt werden können und welche Menschenrechte womöglich verletzt werden. Das gilt gerade auch dann, wenn es um Menschen geht, die keinen legalen Aufenthaltsstatus haben.

Die "Vermenschenrechtlichung" der Migrationsdebatten

Jürgen Bast nennt das in seinem Vortrag die "Vermenschenrechtlichung" der Migrationsdebatte. Wenn heute vor Gericht über den Aufenthaltsstatus von jemandem gestritten wird, dann sind die Menschenrechte der Person oft ein wichtiges juristisches Argument. Auch in politischen Diskussionen um den Umgang mit Migration geht es immer wieder um Menschenrechte. Das sei, so Bast, eine kulturelle Revolution. Zu verdanken sei sie Menschen, die sich immer wieder um Migranten bemüht haben und für ihre Inklusion in die Gesellschaft gekämpft haben.

"Wir leben in Zeiten restriktiver Migrationspolitik."
Jürgen Bast, Rechtswissenschaftler

In seinem Vortrag betont Bast, dass es wichtig sei, diesen Fortschritt in der Diskussion nicht zu vergessen. Gerade weil Migrationspolitik zur Zeit wieder restriktiver wird. Auf europäischer Ebene, sagt Bast, werden zur Zeit zum ersten Mal seit vielen Jahren, die individuellen Rechte von Migrant*innen abgebaut, zum Beispiel durch die Einschränkung von Bewegungsfreiheit.

Jürgen Bast ist Professor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sein Vortrag hat den Titel "Aufenthaltsrechtliche Illegalität - zur Zukunft eines menschenrechtsbasierten Ansatzes". Er hat ihn am 14. März 2024 in Berlin gehalten auf der Tagung "Ohne Papiere, aber nicht ohne Rechte! Aufenthaltsrechtliche Illegalität in Zeiten restrektiver Migrationspolitiken". Veranstaltet wurde die Tagung von der Katholischen Akademie Berlin.

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