MeinungsforschungEine Frage der Frage
Das Insa-Institut hat eine Umfrage für das Magazin Cicero gemacht. Demnach sind 64 Prozent der Deutschen dagegen, dass Angela Merkel als Bundeskanzlerin weitermacht. Forsa kommt zu einem anderen Ergebnis. Angeblich wollen 49 Prozent mit Merkel weitermachen. Das kann - rein rechnerisch - nicht stimmen. Warum fallen die Werte so unterschiedlich aus?
Die Fragestellung ist entscheidend, sagt Statistikerin Katharina Schüller. Und dann natürlich, wie die Antwort interpretiert wird. Folgende Frage hat das Insa-Institut in seiner Online-Umfrage nämlich gestellt: "Ich stimme zu, dass Angela Merkel auch nach der Bundestagswahl 2017 bleibt." Das Ergebnis: 36 Prozent klickten auf Ja, 64 Prozent klickten auf Nein.
"Das wirkt so, als hätten alle Befragten mit Ja oder nein geantwortet. Aber was ist mit den Unentschiedenen? Wurden die weggelassen? Wurden nur Antworten gezählt, die Ja oder Nein waren? Oder wurden sie dem Nein zugerechnet?"
Forsa hingegen hat anders gefragt. Dort war die Alternative Sigmar Gabriel oder Angela Merkel. Und in dem Fall waren mehr für Angela Merkel. Ein weiterer Punkt, der bei diesen Umfragen eine Rolle spielt: Die Zahl der Befragten ist relativ klein. Die Ergebnisse sind also nicht repräsentativ für alle Wähler.
Forsa befragt dabei zufällig ausgewählte Personen per Telefon. Insa setzt auf Online-Befragung. In der Regel nehmen an Online-Befragungen eher jüngere Personen teil. Deshalb werden die Antworten meist noch gewichtet, um die mangelnde Repräsentativität auszugleichen. Wie die Institute das allerdings genau machen, verraten sie nicht. Das lässt natürlich Spielraum für Datenkosmetik, sagt Katharina Schüller.
Ein Blick in die Geschäftsführung
Nicht ganz unwesentlich ist auch, wer eigentlich ein Meinungsforschungsinstitut führt. Insa, also das Konsuläre Institut für Markt- und Sozialforschung, hat seinen Sitz in Erfurt. Chef des Unternehmens ist Hermann Binkert. Binkert war 30 Jahre lang CDU-Vorsitzender und ist seit 2014 parteilos. Er ist nicht nur Geschäftsführer von Insa, sondern auch Mitgesellschafter einer Firma, die sich DO - Dienstleistungsoffice Denken und Organisieren nennt. Die DO wiederum arbeitete für die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. 2013 schrieb Binkert mehrere Artikel für die Huffington Post, in denen er deutlich mit der AfD sympathisiert, erklärt Katharina Schüller.
"Wenn also das Insa-Institut eine politische Richtung hätte, dann ist es wohl der AfD nahe, aber das beweist noch nicht, dass die Zahlen nicht neutral sind. Bloß die Tendenz überrascht jetzt nicht besonders."
Aber auch das Forsa-Institut steht in der Kritik. Die Forsa-Berlin wird von Manfred Güllner geleitet, Mitglied der SPD und ehemaliger Berater von Gerhard Schröder. Die Umfragen des Forsa-Instituts lagen schon ziemlich häufig weit weg von dem, was Meinungsforschungsinstitute messen. Außerdem gab es Vorwürfe von Lobby-Control, insbesondere was die Fragestellung von Forsa angeht.
Gefahr der Monopolisierung
Aber es gibt auch andere Entwicklungen, die Statistikerin Katharina Schüller mit Sorge betrachtet. So gibt es unter anderem eine Tendenz zur Monopolisierung auf dem Markt. Das Problem: Dieses Meinungsmonopol wird nicht transparent. Denn die Firmen schicken verschiedene Tochterunternehmen mit unterschiedlichen Namen auf den Markt. TNS Infratest zum Beispiel ist Tochter des zweitgrößten Meinungsforschungsunternehmens der Welt und hat in Deutschland einen Marktanteil von 60 Prozent.
"Das eigentlich Kritische ist, dass es eine Monopolbildung gibt bei den Instituten. Weil eben Meinungsumfragen nicht nur über Meinung berichten, sondern auch Meinung machen."
Artikel zu den hier erwähnten Statistiken: