Mehr als Zweck-WGWie wir uns mit unseren Mitbewohnenden anfreunden
Luka ist es wichtig, dass es in seiner WG zwischenmenschlich passt. Nach jahrelanger Erfahrung weiß er aber, dass sich nicht alles schon beim WG-Casting klären lässt. Psychologin Barbara Perfahl erklärt, wie wir in der WG mehr Miteinander hinkriegen.
Ob zehn Mitbewohner*innen oder drei, ob eher Zweck- oder Freundschafts-WG – Luka hat über die Jahre in ganz unterschiedlichen Konstellationen gewohnt. Angefangen hat er mit dem WG-Leben ganz klassisch nach dem Abi. Damals reichte die Kohle nicht für eine eigene Wohnung, also entschied er sich zu Studienbeginn für eine WG. Inzwischen wohnt er schon in seiner zehnten Wohngemeinschaft.
Mischung aus Glück und Chemie
Mal hatte er mehr mit den Leuten zu tun, mal weniger – das hing auch davon ab, in welcher Lebenslage er gerade war, erzählt Luka. Eine reine Zweck-WG, in der man einzig aus dem Grund zusammenwohnt, um Geld zu sparen, hatte er noch nicht. Und das würde es auch nicht wollen.
"Eine WG ist kein Ersatz für eine Familie – aber ich mag es, dass man irgendwie ein bisschen aufgefangen wird."
Man muss nicht jeden Abend etwas zusammen machen. Aber sich abends hin und wieder in der Küche treffen, zusammen kochen und eine gute Zeit haben, ist etwas, was Luka einfach gerne mag.
Schwer: Authentizität beim WG-Casting
Gefunden hat Luka seine Mitbewohner*innen oder WGs über Castings. Gerade wenn er selbst derjenige ist, der castet, legt er Wert darauf, dass die Menschen authentisch sind. Gleichzeitig weiß er, dass gerade das ein hoher Anspruch ist – denn wer darauf angewiesen ist, ein Zimmer zu finden, ist aufgeregt und verstellt sich dann auch schon mal, um der Wunsch-WG zu gefallen.
"Ich würde beim Casting direkt fragen: Habt ihr irgendwelche Regeln im Umgang miteinander? Oder in der Nutzung von Gemeinschaftsräumen?"
Idealerweise entsteht während des Castings ein richtiges Gespräch, sagt Luka. Fragen sollte die Bewerber*in aber in jedem Fall stellen – und dabei natürlich Interesse an der Wohngemeinschaft zeigen. Das sieht auch Psychologin Barbara Perfahl so.
"Damit ich weiß, was ich für eine WG suche, muss ich über mich wissen, was ich beim Wohnen brauche und was mir wichtig ist."
Eine hundertprozentige Sicherheit, dass aus unseren Mitbewohner*innen richtig gute Freund*innen werden oder wir uns mit ihnen zumindest gut verstehen, haben wir nach einem kurzen Casting natürlich nie, macht Barbara Perfahl klar. Ob es wirklich passt, ist abhängig von den Werten und Bedürfnissen, die die Mitbewohner*innen haben.
Nicht zu unteschätzen sei auch, wie bereit alle sind, Kompromisse einzugehen und Rücksicht aufeinander zu nehmen.
Erst der Alltag zeigt, ob's passt
So gesehen sind es also eine ganze Menge Kriterien, die für ein gelungenes WG-Leben erfüllt sein müssen. Klappt es trotz aller guten Intentionen nicht, sollten wir das nicht direkt auf uns beziehen, sagt die Therapeutin. Stattdessen sollten wir uns direkt wieder auf die Suche machen, empfiehlt sie.
Luka fasst seine jahrelange WG-Erfahrung so zusammen: Offen sein auf jeden Fall, ja. Doch erzwingen kann man die passende Chemie in einer WG nicht.