MeeresforschungWelche Gefahren von alter Munition ausgehen
Unglaubliche 1,6 Millionen Tonnen ungezündeter Munition landeten nach dem Zweiten Weltkrieg in Nord- und Ostsee. Von ihnen geht eine große Umweltgefahr aus. Daher suchen Forschende nach Wegen, um die rostenden Altlasten zu bergen. Ein Vortrag des Meeresgeologen Jens Greinert.
Sie wurden von den Alliierten in Kisten auf Schiffe geladen und im Meer versenkt: ungezündete Munition, Torpedos, Bomben und Minen. Seitdem liegen sie auf dem Grund der Nord- und Ostsee, zum Beispiel vor der Kieler Förde und in der Lübecker Bucht.
Gefahren durch alte Munition am Meeresboden
Der Sprengstoff und die Munition, die heute dort liegen, stellen eine Gefahr dar. Wenn Kabel auf dem Meeresboden verlegt oder Offshore-Windanlagen gebaut werden sollen, müssen zunächst der Meeresboden sondiert und alle möglichen Sprengstoffe geräumt werden. Dazu kommen zwei weitere Gefahren, erklärt Jens Greinert in seinem Vortrag. Greinert ist Meeresgeologe und Leiter des Geomar Helmholtz Zentrums für Ozeanforschung Kiel.
"Wenn diese Munition 80 Jahre im Sediment liegt, fängt sie an durchzurosten. Die Folge: Sprengstoff-typische Verbindungen treten aus und gelangen in die Meeresumwelt."
Auf dem Meeresboden lagernder Sprengstoff kann nach wie vor verwendet werden, erklärt Greinert. Es ist deshalb theoretisch möglich, dass er gestohlen wird, um ihn zum Beispiel für Anschläge zu verwenden. Zudem belastet die Altmunition die Umwelt, weil sie rostet und dadurch Teile des Sprengstoffs freigesetzt werden.
Sprengstoff-typische Verbindungen, sagt Greinert, sind krebserregend und können Mutationen auslösen. Die Belastung mit diesen Stoffen im Meereswasser ist an den Munitionsfeldern messbar höher. Auch in Leber und Galle von Fischen sind die Stoffe nachweisbar. Fisch aus der Ost- und Nordsee könne man aber dennoch essen, sagt Greinert. Erst wenn ein Mensch ein Jahr lang mehr als sieben Kilogramm Fisch pro Tag ist, würde es bedenklich werden.
"Es geht darum, wie man diese Munitionshaufen technisch am effektivsten, sichersten und schnellsten räumen kann."
In seinem Vortrag erklärt Greinert, wie derzeit erforscht wird, wie sich diese Munition am besten bergen lässt, ohne dass dabei weitere umweltbelastende Stoffe freigesetzt werden.
Jens Greinert ist Meeresgeologe und Professor am Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Seinen Vortrag dem Titel "Munitionsräumung in der Lübecker Bucht" hat er am 17.04.2024 im Rahmen der Ringvorlesung "SustainMare. Schutz und nachhaltige Nutzung unserer Meere und Küstenregionen" an der Universität Hamburg gehalten. Das Video zum Vortrag ist auf der Website der Universität Hamburg abrufbar.
Wollt ihr den Hörsaal mal live erleben?
Das geht! Mehr Infos zum Live-Podcast gibt es hier.