MedizinWas bei Long Covid im Körper passiert
Konzentrationsschwierigkeiten, Herzstolpern, Erschöpfung – die Liste der Long Covid-Symptome ist lang. Was wir bisher über die Krankheit wissen und welche Medikamente helfen könnten, darüber spricht Post Covid-Forscherin Carmen Scheibenbogen in ihrem Vortrag.
Mindestens jeder zwanzigste Corona-Infizierte bekommt Long Covid. Das heißt, auch lange nach der Infektion leiden die Betroffenen unter Symptomen wie Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Belastungsintoleranz, Muskelschmerzen oder Herz-Kreislauf-Beschwerden. Wenn die Symptome auch drei Monate nach der Infektion noch andauern, sprechen wir von Post Covid.
Bisher gibt es für Long und Post Covid keine Heilung, sagt Carmen Scheibenbogen. Sie leitet die Immundefektambulanz an der Charité Berlin.
"Es gibt bisher keine Medikamente, die wirklich ursächlich angreifen oder auch Heilung versprechen können. Ich kann immer nur die Symptome behandeln."
Carmen Scheibenbogen forscht seit 2010 an der Charité zu postinfektiösen Krankheiten, insbesondere zum chronischen Fatigue Syndrom ME/CSF. Das ist eine schwere neuroimmunologische Krankheit und eine Form von Post Covid.
Es herrscht eine große Unwissenheit über ME/CFS, sagt Carmen Scheibenbogen. Denn postinfektiöse Krankheiten seien lange nicht gelehrt worden. Und auch heute noch habe nur jede dritte Universität in Deutschland ME/CFS auf dem Lehrplan. Aufgrund dieser Unwissenheit, werde die Krankheit auch als psychosomatisch eingeordnet, das helfe den Betroffenen jedoch nicht, so die Ärztin.
"Das Chronische Fatigue Syndrom ist eine schwere Erkrankung, etwa 25 Prozent sind ans Haus gebunden. Die Schwerstkranken sind bettlägrig und manche zu schwach zum Essen und Sprechen."
Post Covid umfasst ein breites Spektrum an Krankheitsbildern, und wir fangen gerade erst an zu verstehen, wie es dazu kommt, erklärt die Ärztin. Es gibt Post Covid-Betroffene, bei denen das SARS-CoV-2 nicht aus dem Körper verschwindet, bei anderen bildet der Körper Autoantikörper, so Carmen Scheibenbogen.
Erste Medikamentenstudien laufen
Post Covid könne anhaltende Entzündungen beinhalten, auch im Gehirn,
oder entzündete Gefäße, die sehr schlecht heilen und zu schweren
Durchblutungsstörungen führen. All diese Mechanismen kenne man bereits von ME/CFS, was dafür spreche, dass wir es mit ähnlichen
Krankheitsmechanismen zu tun haben, sagt die Medizinerin.
"Wir müssen mit einer großen zusätzlichen Belastung im Gesundheitssystem rechnen."
Studien mit bereits für andere Krankheiten zugelassenen Medikamenten laufen bereits – zum Beispiel mit entzündungshemmenden Medikamenten. Außerdem werde zu der Immunadsorbtion und einer Sauerstoff-Hochdruck-Therapie geforscht. Studien in den USA zeigten außerdem, dass eine Behandlung der akuten Covid-Infektion mit dem antiviralen Medikament Paxlovid das Risiko für Long Covid senkt.
Zur Person: Carmen Scheibenbogen ist Internistin und Hämatoonkologin. Sie arbeitet als klinische Immunologin an der Charité Berlin und leitet dort die Immundefektambulanz und das Fatigue Centrum. Für ihren Einsatz für Menschen, die unter ME/CFS leiden, erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Carmen Scheibenbogen hat ihren Vortrag am 12. Juli 2023 beim Symposium "Long/Post Covid" der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina gehalten. Ihr Vortrag heißt: "Die Folgen der Pandemie: Post Covid und ME/CFS".