MedikamentenmarktDiskussion um Gentherapiemittel Zolgensma
Ein neues, sehr teures Medikament soll besonders wirksam gegen Muskelschwund sein – eine Krankheit mit oft tödlichem Verlauf. Die Krankenkassen wünschen sich ein Programm für Härtefalle – bisher ohne Erfolg. Der Hersteller plant für 2020 die Verlosung des Medikaments unter 100 Erkrankten.
Mit einem Preis von rund zwei Millionen Dollar je Behandlung ist Zolgensma eines der teuersten Medikamente. Eine einmalige Dosis soll Kindern mit Spinaler Muskelatrophie – kurz SMA – helfen. Bei dem Medikament handelt es sich um eine Gentherapie.
Der Journalist Markus Grill hat dazu recherchiert. Er sagt, der Hersteller Novartis erkläre den hohen Preis für Zolgensma nicht durch hohe Forschungsausgaben. Das Unternehmen hat hingegen wörtlich mitgeteilt: Der Preis spiegele den Wert wider, den diese Behandlung für Patienten und das Gesundheitssystem habe, als auch die sehr geringe Zahl von Patienten.
Muskelschwund verläuft oft tödlich
Mit Spinaler Muskelatrophie kommen weltweit etwa eines von 10.000 Neugeborenen zur Welt. Deswegen gilt sie als selten. Es handelt sich um einen Gendefekt. Bei der schwersten Verlaufsform des Muskelschwunds sterben die Kinder ohne Behandlung meist innerhalb der ersten zwei Lebensjahre an Atemschwäche.
Bisher ist Zolgensma nur in den USA zugelassen. Der Hersteller erwartet eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur in der ersten Jahreshälfte 2020. Novartis plant, im Jahr 2020 weltweit 100 Anwendungen von Zolgensma zu verschenken, allerdings nur dort, wo es nicht zugelassen ist und wo keine alternativen Therapien auf dem Markt sind. Novartis habe sich bisher allerdings nicht detaillierter zu dem Verfahren geäußert, sagt Markus Grill (Stand 20.12.2019).
Eine Krankheit, verschiedene Therapiemöglichkeiten
Zu seinen Produktionskapazitäten äußert sich das Unternehmen hingegen, sagt Markus Grill: Zolgensma werde bisher nur in den USA produziert. Dort seien die Kapazitäten so gering, dass nur hundert Dosen gratis zur Verfügung gestellt werden könnten.
In Deutschland gibt es außerdem ein alternatives und bereits zugelassenes Medikament: Spinraza. Die Anwendung ist allerdings aufwendiger, muss anders als bei Zolgensma häufiger erfolgen und ist ähnlich kostspielig. In den USA ist außerdem Risdiplam bereits zugelassen. Ein Medikament des Herstellers Roche.
Der Hersteller von Zolgensma wolle kein spezielles Programm nur für Deutschland auflegen, sondern plane nur ein weltweites Programm, berichtet Markus Grill.
"Ich habe große Zweifel, ob von diesem weltweiten Programm Kinder in Deutschland überhaupt profitieren werden."
In Deutschland werden nach Angaben des Herstellers pro Jahr etwa 50 Kinder mit der schwersten Form der Erkrankung – mit SMA Typ Eins – geboren.
Die Krankenkassen in Deutschland schlagen vor, dass Novartis bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Präparat zugelassen ist, ein Härtefallprogramm anbietet. Danach könne es dann über die Krankenkassen abgerechnet werden. Bis dahin müsse dann der Konzern die Verantwortung übernehmen, die Therapie kontrollieren und beobachten.
"Solange das Medikament nicht zugelassen ist, es aber dringenden Bedarf gibt, soll das Pharmaunternehmen das Medikament zur Verfügung stellen.