MassentierzuchtKälber, die weniger kosten als ein Schnitzel
Vor einem Jahr hat ein weibliches Kalb noch rund 17 Euro gekostet, jetzt sind es im Schnitt nur noch neun Euro. Sowohl das Verbot von langen Transporten, als auch die trockenen Sommer, durch die das Tierfutter teurer geworden ist, sind Grund für die niedrigen Preise.
Vor allem die Preise für weibliche Kälber von hochgezüchteten Milchkühen sind zuletzt stark zurückgegangen. Vor rund einem Jahr waren die Tiere noch fast doppelt so viel wert wie jetzt. Bei den männlichen Kälbern sind die Preise auch gesunken, blieben im Verhältnis aber etwas stabiler. Ein männliches Kalb kostet jetzt nur noch 60 Euro statt 85 Euro – das heißt, der Preis ist auch um ein Drittel gesunken.
"Wir importieren Steaks, während deutsche Kälber übrig bleiben – und das ist schlecht für die Preise."
Zum Preisabfall bei den Kälbern haben mehrere Gründe geführt. Bisher haben deutsche Landwirte Kälber häufig nach Südeuropa verkauft, vor allem nach Spanien. Inzwischen sind die langen Tiertransporte verboten, weswegen die Nachfrage gesunken ist – und damit auch der Preis.
Auch die Mastbetriebe in den Niederlanden fragen weniger Kälber aus Deutschland an, weil durch die trockenen Sommer die Kosten für das Tierfutter gestiegen sind – das hat Matthias Kohlmüller von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft unserer Reporterin Katja Scherer gesagt.
Hochwertigeres Fleisch wird bevorzugt
Auch unsere Essgewohnheiten tragen dazu bei, dass die Nachfrage und somit auch die Preise für deutsche Kälber so stark gesunken sind. Manche Leute essen inzwischen weniger Fleisch, andere bevorzugen hochwertigeres Fleisch.
Hochwertige Fleischstücke werden oft aus anderen Ländern importiert – diese Edelteile sind zwar teurer, kommen aber bei den Verbrauchern oft besser an, sagt Matthias Kohlmüller.
"Der Handel bedient sich mit allen ausländischen Offerten, die verfügbar sind: aus Irland, aus dem Vereinigten Königreich, aus Kanada, aus Südamerika."
Das Grundproblem, das die niedrigen Preise der Kälber verursacht, besteht darin, dass sich seit Jahrzehnten ein System entwickelt hat, bei dem Lebensmittelkonzerne, Handel und Kunden günstige Milch haben wollen. Die Kühe wurden daraufhin so gezüchtet, dass sie möglichst viel Milch produzieren.
Kälber sind nur ein Nebenprodukt der Milchindustrie
Die Kälber werden nicht extra gezüchtet, sondern sind eher ein Nebenprodukt der Milchindustrie. Denn die Kühe müssen einmal im Jahr kalben, damit sie Milch geben. Für die Mast eignen sich diese Kälber auch nicht besonders gut, weil sie von Kühen abstammen, die für die Milchindustrie gezüchtet wurden.
Milchbauern verdienen ihr Geld tatsächlich in erster Linie mit der Milch, das heißt: Für die meisten ist es schlimmer, wenn der Milchpreis um ein paar Cent sinkt, als wenn ein Kalb zehn Euro weniger einbringt. Manche kleinere Höfe arbeiten aber finanziell jetzt schon am Limit. Das bedeutet, dass einige von ihnen Existenzprobleme bekommen, wenn sie für ihre Kälber noch weniger einnehmen als bisher.
Landwirte, die sich vom alten System verabschieden
Einige Landwirte stellen ihre Höfe um und verabschieden sich inzwischen vom alten System, um wieder mehr auf Qualität statt Masse zu setzen. Katja Scherer hat mit de Landwirt Stefan König gesprochen, der ein Dutzend Kühe von einer Mischrasse hält. Diese Tiere geben zwar weniger Milch, können gleichzeitig aber mehr Fleisch ansetzen. Stefan König sagt, es bietet sich an, eine Direktvermarktung zu haben.
"Der direkte Kontakt zum Kunden ist gut. Da kann man viele Fragen klären."
Die Kälber von Stefan König werden alle am Hof großgezogen. Der Landwirt lässt sie dabei auch noch bis zu vier Monate bei der Mutter und verkauft Milch und Fleisch dann in seinem Hofladen. Das funktioniert, auch, wenn die Preise entsprechend höher sind als es auf dem Markt üblich ist.