ManifestierenWie Vorstellungskraft unser Leben verändern soll
Manifestation ist in aller Munde, Aspekte davon sind auch für Therapien relevant. Hannah Calma ist Influencerin, hat sich ihre Traumwohnung manifestiert und erzählt, wie sie das gemacht hat. Der Psychologe Philipp Pham ordnet ein, wann Manifestieren im Alltag wirklich helfen kann.
Hannah Calma hat bereits vor einigen Jahren begonnen, bestimmte Dinge zu manifestieren. Erst einmal fing sie klein an, mit einem Second-Hand-Mantel, wie ihn Kate Hudson als Penny Lane im Film "Almost Famous" trägt. Kurz darauf hatte sie ihn. So tastete sie sich langsam an das Thema heran.
"Ich überlege mir vorher, was ich manifestieren möchte und schreibe mir dann eine Liste, wie eine Checkliste."
Manifestieren ist seit Jahren ein großes Thema in den sozialen Medien. Es geht dabei um die Beeinflussung der eigenen Realität durch Vorstellungskraft, um so Wünsche wahr werden zu lassen. Hannah manifestierte sich nach dem Mantel ihre Traumwohnung, dann ein Haus und sogar ihr Kind. Im Gegensatz zu vielen Tiktok- und Insta-Influencer*innen geht Hannah allerdings sehr unspirituell an die Sache heran.
Die eigenen Ressourcen nutzen
Das A und O beim Manifestieren ist für Hannah, aktiv zu werden. Zunächst schaut sie sich genau an, was realistisch ist und ob sie überhaupt die Ressourcen hat, ihren Wunsch gerade zur Priorität zu machen. Dann spricht sie mit Menschen, die ein ähnliches Ziel erreicht haben und sie so motivieren. Und sie spricht ihren Wunsch gegenüber anderen laut aus.
"Viel wichtiger ist das Sich-bewusst-werden und dann auch aktiv werden. Nicht nur visualisieren. Das wird oft falsch dargestellt."
Für Hannah ist es ganz wichtig, sich "mit dem Thema zu umgeben". Zum Beispiel zu sagen: "Ich date jetzt, denn ich will eine neue Beziehung." Sie trägt das Thema in die Welt hinaus. Manchmal macht Hannah auch ein Ritual, aber das ist eher fürs Gefühl.
Kein fake it till you make it
Selbstwirksamkeit und die eigenen Ressourcen sind für Hannah beim Manifestieren also viel wichtiger als Spiritualität und Magie. Dabei geholfen hat ihr der Podcast und Account "To Be Magnetic" von Lacy Phillips. Phillips geht mit Wissenschaft an das Thema heran. "Das ist das Gegenteil von fake it till you make it", so Hannah.
Manifestieren alleine reicht nicht
Der Psychologe Philipp Pham steht dem Thema Manifestieren eher kritisch gegenüber, trotzdem kann er ihm viel Positives abgewinnen: das Zielgerichtete zum Beispiel. Und Manifestieren kann dabei helfen, ein positives Mindset zu entwickeln.
Hoffnungsvoll durchs Leben zu gehen ist für Philipp Pham eine wichtige und gute Grundvoraussetzung für den Alltag. Auch, für die eigenen Bedürfnisse aktiv zu werden. Der positive Effekt des Manifestierens ist, dass man die Augen offen hält und Möglichkeiten annimmt, darauf reagiert.
"Zu denken, wenn ich mein Ziel erreicht habe, dann bin ich glücklich, bedeutet im Umkehrschluss: Bis dahin bin ich nicht glücklich."
Doch gleichzeitig ist beim Manifestieren auch Unglück vorprogrammiert. Denn eine Manifestation impliziert, dass etwas nicht reicht.
Die hedonistische Tretmühle
Wenn wir bestimmte große Veränderungen im Leben haben, bleiben wir weder dauerhaft glücklich noch unglücklich. Im Fachjargon heißt dieser Effekt "Hedonic Treadmill", hedonistische Tretmühle.
Wir kommen also nach einer gewissen Zeit zu unserem Grundglückniveau zurück. Auch wenn unsere Manifestation wahr wird, werden wir also früher oder später wieder auf dem Zufriedenheitsniveau von vorher sein. Das Problem: Auf dem Weg dorthin machen wir uns laut Pham mit einer Manifestation zu einer Person, die nicht glücklich ist.
Nicht an dem einen Wunsch festbeißen
Wenn uns eine Manifestation aber eine Richtung, eine Energie gibt, dann kann sie laut Pham sehr hilfreich sein. Wichtig ist dabei, sich nicht festzubeißen. Als Grundhaltung ist Offenheit gut, denn vielleicht kommt man beim Manifestieren an einem ganz anderen Punkt an, als man erwartet hat. Und der bringt einen am Ende weiter als ein starres Ziel.
Zum Beispiel: Wir möchten uns beruflich weiterentwickeln und manifestieren das. Dann glauben wir daran, dass da noch was kommt, neue Dinge fallen uns auf. "Vielleicht kann ich ja mal …" Das ist eine aktive Komponente, die das Manifestieren mit sich bringen kann.
Manifestieren vs. Achtsamkeit
Bei Achtsamkeit geht es darum, sich der Dinge bewusst zu werden und eine gewisse Akzeptanz zu entwickeln, die uns die Kraft gibt, mit Veränderung umzugehen. Manifestieren hingegen ist eine Art Abkürzung.
Laut Philipp Pham entspricht der Manifestier-Hype dem Wunsch nach einfachen Antworten in einer zunehmend komplexen Welt.
Manifestieren ist also mit Vorsicht zu genießen, doch einige Elemente davon, wie ein offener Blick und eine offene, positive Grundhaltung können im Alltag sehr hilfreich sein.