Klischees auf der LeinwandStereotype Männlichkeit im Film
Der muskulöse Actionheld, der erfolgsverwöhnte Businessmann oder der charmante Womanizer, der mit lockeren Sprüchen immer seinen Willen kriegt. Das sind nur einige der klischeebeladenen Männerrollen, die man aus Filmen kennt.
Mit Stereotypen wird in Unterhaltungsfilmen praktisch immer gearbeitet, sagt Wolfgang Schmitt, Filmkritiker und Betreiber des Youtube-Kanals "Filmanalyse". Mal passiere das weniger und mal mehr – vor allem in deutschen Komödien.
"In deutschen Komödien herrscht eigentlich immer Vatertag: Matthias Schweighöfer, Til Schweiger und Elyas M‘Barek ziehen eigentlich permanent einen Bollerwagen voller Klischees hinter sich her."
Wenn Matthias Schweighöfer, Til Schweiger, Elyas M’Barek und Co. mit Männer-Klischees nur so um sich werfen, geschehe das aber immer "leider auch zur Freude des weiblichen Publikums", so der Filmkritiker. Klischees bedienen also gewisse Erwartungen und Wünsche.
Ohne Klischees scheint es nicht zu gehen
Anderes Extrem: Wenn Arnold Schwarzenegger im Film "Terminator 3" (2003, Bild oben) nicht wieder den stählernen Cyborg gegeben hätte, hätte der Film nicht funktioniert. (Ob er funktioniert hat, ist eine andere Frage.)
Vin Diesel, "The Rock" Johnson oder die "Fast and Furious"-Reihe – Bodybuilder mit drei Zentnern austrainiertem Körper, aber nur einem Gesichtsausdruck könne er nicht mehr sehen, sagt Wolfgang Schmitt. Sie strotzten zwar vor stereotyper Männlichkeit, seien aber gleichzeitig "aseptische Oberflächen" ohne Erotik, Sinnlichkeit oder Sex. "Kulturindustrie ist pornografisch und prüde", hätten Adorno und Horkheimer dazu in ihrer "Dialektik der Aufklärung" einst treffend geschrieben.
"Vin Diesel oder 'The Rock' Johnson strotzen zwar vor stereotyper Männlichkeit, sind aber gleichzeitig aseptische Oberflächen ohne Erotik und Sinnlichkeit."
"Männer-Filme" wie die genannten haben auch seine eigene Vorstellung von Männlichkeit geprägt, glaubt der Filmkritiker. Zwar gebe es keine direkten Kurzschlüsse, dass man etwas sieht und es gleich adaptiert. Es sei aber in der Tat ein gewisser Druck mit den Männlichkeitsbildern verbunden, die man auf der Leinwand sieht.
Auch der Nerd hat einen Sixpack
So könnten sehr viele männliche Schauspieler heute auch Fitness-Influencer sein, sagt Wolfgang Schmitt. Selbst die als unsportlich charakterisierte Außenseiterfigur habe oft unter dem nerdigen T-Shirt einen Sixpack. Sicherlich wirke so etwas auch auf einen selbst.
Der Mann als Lustobjekt
Männer würden im Kino heute auch vermehrt als Lustobjekte präsentiert, sagt Wolfgang Schmitt. Symptomatisches Beispiel: "James Bond" Daniel Craig steigt in "Casino Royale" aus dem Wasser, durchtrainiert und mit enger Badehose, und zitiert dabei Ursula Andress, die in den 60er-Jahren in "Dr. No" als erstes Bondgirl denselben Move macht und als begehrenswertes Objekt aus dem Meer kommt.
Positiv sei, dass es eine "neue Verletzlichkeit" bei den Männern gibt, sagt Wolfgang Schmitt – etwa bei Figuren, die Timothée Chalamet verkörpert, in "Call Me By Your Name". Facettenreicher seien aber die Männerfiguren des Hollywood-Kinos der 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahre gewesen.
Heldentaten, ohne zu lamentieren
Der Filmkritiker wünscht sich wieder mal einen "erwachsenen Mann" im Kino, der sich auch "intellektuell unterhalten" kann, der "nicht allzu weinerlich" ist und auch noch weiß, dass er "hin und wieder mal eine heldenhafte Tat verrichten muss, ohne dann viel zu lamentieren". Auf das kindische Gehabe der männlichen Superhelden mit Superkräften, die sich eigentlich wie Pubertierende verhalten, könne er verzichten.