LoslassenAuf Abschiede klarkommen
Die WG löst sich auf, die Lieblingskollegin wechselt den Job, der beste Freund zieht in eine andere Stadt – die letzte Umarmung zum Abschied kann ganz schön wehtun. Wie wir gut mit diesem Abschiedsschmerz umgehen und nach einem Abschied den anderen nahe bleiben können.
Christina studiert in Regensburg Management und Internationale Beziehungen. Für ein Sommersemester ist sie als Erasmus-Studentin in die Stadt Jerez de la Frontera in Spanien gegangen. Dadurch hat sie zwei Abschiede erlebt: Erst den von Deutschland und dann den von Spanien.
"Der zweite Abschied war deutlich härter als der erste, denn ich wusste nicht, wann ich die Freunde, die ich in Spanien kennengelernt hatte, wiedersehe."
Bevor Christina nach Spanien abreiste, war sie im Klausuren-Stress, sodass sie keine Zeit hatte, lange über den Abschied nachzudenken, sagt sie. Im Flugzeug dann, nachdem sie sich von ihrem Vater verabschiedet hatte, kamen ihr die Tränen.
Doch viel Zeit für Abschiedsschmerz blieb Christina nicht, denn in Jerez angekommen, fing direkt der Uni-Stress an. "Mehr als drei Tage hat der Abschiedsschmerz nicht gedauert", erinnert sie sich.
Nicht jeder Abschied ist gleich schmerzhaft
Nach fünf Monaten verabschiedete sie sich wieder – von den neuen Freund*innen in Spanien. Das habe Christina als deutlich schmerzhafter empfunden als den Abschied aus Deutschland, weil sie nicht wusste, wann sie die neuen Freund*innen, die aus aller Welt kommen, wiedersieht.
Außerdem sei Jerez zu ihrer zweiten Heimat geworden. "Der zweite Abschied war viel emotionaler." Sie habe auch mit ihren Freund*innen ganz bewusst den letzten Abend genossen und sich an die gemeinsame Zeit erinnert.
Nun hält sie Kontakt zu ihnen über Messenger-Dienste und Social Media, bekommt Besuch von Freund*innen aus Spanien und sieht sich immer wieder Fotos aus der Zeit ihres Aufenthalts an.
Ohne Abschied kein Neuanfang
Aber Abschiede sind auch wichtig in unserem Leben, sagt die Psychologin Tabea Scheel. Denn wenn wir uns nie von etwas im Leben verabschieden, könnten wir auch keine neuen Dinge entdecken und anfangen.
"Wenn wir uns nie von irgendetwas verabschieden könnten, wäre irgendwann unsere Kapazitätsgrenze erreicht. Wir wollen ja auch neue Dinge erleben."
Abschiede sind grundsätzlich mit Veränderungen verbunden, die bei uns Trauer auslösen können, erklärt die Psychologin. Das sei vor allem das Gefühl, das diesen Schmerz verursache. Wenn wir aber etwas haben, worauf wir uns nach dem Abschied freuen können, dann würde der Abschiedsschmerz weniger stark ausfallen oder schneller vergehen.
Die Nähe zu den verlassenen Menschen nach einem Abschied aufrecht zu erhalten, könnte mit regelmäßigen Telefonaten oder Chats erreicht werden. Aber wir sollten uns auch darüber im Klaren sein, dass bei den anderen - wie bei uns selbst - ständig Veränderungen stattfinden. Die Nähe werde nach einem Abschied eine andere sein. Manchmal müssten wir aber auch akzeptieren, wenn sich die Nähe nicht wieder herstellen lasse.