SemesterstartVerlockend: Günstige WG-Zimmer bei Studentenverbindungen

"WG-Zimmer, Altbau, 18 qm, 250 Euro." Wohnungsanzeigen wie diese klingen zu gut, um wahr zu sein. Bei WG-Zimmern wie diesen handelt es sich oft um Angebote von Studentenverbindungen. Mit welchen Pflichten und Konsequenzen geht so ein günstiges Zimmer einher?

Besonders zum Semesterstart versuchen Studentenverbindungen, neue Mitglieder – sogenannte Füchse (auch: Füxe) – zu gewinnen. Das sind Anwärter auf eine Mitgliedschaft in der Verbindung, die noch keine Vollmitglieder sind und sich noch in der Probezeit befinden sozusagen. "Fuchsenjagd" werde dieses Anwerben in Verbindungskreisen auch genannt, erklärt die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth von der Justus-Liebig-Universität Gießen.

"Das sind keine Wohltätigkeitsorganisationen, sondern es geht darum, dass man Mitglied werden soll - in Verbindungskreisen heißt das Fuchsenjagd."
Alexandra Kurth, Politikwissenschaftlerin, Uni Gießen

Da WG-Zimmer in Studentenstädten Mangelware sind, sind die günstigen Zimmer in den Verbindungshäusern für manche Student*innen sehr verlockend. Doch mit einem solchen Zimmer gehen häufig auch Pflichten und Regeln in einer Verbindung einher, sagt Alexandra Kurth.

Junge Männer oder auch Frauen, die ein günstiges Zimmer bewohnen, bekommen das Leben auf dem Verbindungshaus mit und es wird natürlich gern gesehen, wenn sie sich auch für eine Mitgliedschaft entscheiden. Es ist aber nicht bei allen Studentenverbindungen Pflicht, dort auch Mitglied zu werden, nur weil man dort ein Zimmer bewohnt. Hier solltet ihr euch im Einzelfall informieren.

Oft bevorzugen die Verbindungen aber natürlich Leute, die an ihren Werten – und auch an einer Mitgliedschaft – zumindest interessiert sind. Wenn die Entscheidung für eine Mitgliedschaft fällt, ist diese in der Regel ein Leben lang gültig (das sogenannte Lebensbundprinzip).

Pflichten und Regeln in Studentenverbindungen

Um in eine Studentenverbindung eintreten zu können, muss im Fuchsen-Unterricht das Regelwerk der Verbindung gelernt werden. Darüber hinaus geht es um das Wissen über die Geschichte der Studentenstadt und der Verbindung. Außerdem werden Umgangsformen der Verbindung erlernt. Mitglieder geben für die Einhaltung dieser Regeln häufig viel von ihrer persönlichen Freiheit auf, sagt die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth.

"Ich verpflichte mich zu einer ganzen Menge, wenn ich Mitglied in einer Studentenverbindung werde. Das ist stark ritualisiert und mit vielen Regeln verbunden."
Alexandra Kurth, Politikwissenschaftlerin, Uni Gießen

Es gibt ganz unterschiedliche Arten von Studentenverbindungen. Bei katholischen Studentenverbindungen spielt der gemeinsame Glaube eine große Rolle und man besucht gemeinsam den Gottesdienst. Bei musischen Studentenverbindungen oder Turnerschaften steht dagegen die Musik beziehungsweise der Sport im Mittelpunkt.

Es kann aber auch körperlich gefährlich werden: Bei sogenannten schlagenden Verbindungen wird gefochten. Das studentische Fechten muss von den Mitgliedern gelernt und an den sogenannten Mensuren muss teilgenommen werden. Das sind traditionelle Fechtkämpfe zwischen unterschiedlichen schlagenden Verbindungen mit geschärften Klingenwaffen. Dabei kann es zu Verletzungen kommen, weiß Alexandra Kurth.

"Burschenschaften haben in aller Regel einen politischen Anspruch. Die Wahrscheinlichkeit dort ist besonders hoch, dass ich in einer rechtsextremen Verbindung lande."
Alexandra Kurth über die politische Gesinnung einiger Studentenverbindungen

Ebenfalls wichtig ist es, sich im Vorfeld über die politische Ausrichtung einer Studentenverbindung zu informieren, rät Alexandra Kurth. Besonders bei den sogenannten Burschenschaften – nur etwa 300 der insgesamt über 2000 Studentenverbindungen im deutschen Sprachraum zählen dazu – gebe es häufig eine rechtsextreme Ausrichtung, sagt Alexandra Kurth.