Gorillas, Flink und Co.Tag der Abrechnung für Lieferdienste
Viele Lieferdienste schreiben rote Zahlen. Der Hype ist vorbei. Nun müssen sie sehen, ob und wie sie ihr Geschäftsmodell durch die Krise bringen, sagt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.
Lieferdienste wie Gorillas, Flink oder Getir sind während der Pandemie
extrem gewachsen. Inzwischen gibt es viele Anbieter. Doch kaum einer
schreibt Gewinne – im Gegenteil: "Die meisten machen bis heute sehr, sehr hohe Verluste", sagt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.
"Von den schwarzen Zahlen sind fast alle Lieferdienste noch sehr weit entfernt!"
Das sei bei Start-ups nicht ungewöhnlich: "Am Anfang musst du viel investieren, dann wirst du größer, dann bekommst du Konkurrenz", beschreibt der Wirtschaftsjournalist den Prozess.
Bestes Beispiel dafür sei Amazon: Auch der Online-Gigant habe jahrelang Minus gemacht – dann aber erfolgreich die Konkurrenz vom Markt verdrängt. Inzwischen steht er als Gewinner da. Irgendwann müsse es aber aufwärts gehen – doch davon seien die meisten Lieferdienste noch weit entfernt.
Lieferdienste unter Druck
Ihr Geld bekommen die Lieferdienste nach wie vor von Investoren, die mit ihrem Risikokapital eben auch ein gewisses Risiko eingehen, meint Nicolas Lieven. Hunderte von Millionen seien so in die Unternehmen geflossen. Ob sich das jemals auszahlt, sei ungewiss. Möglicherweise löse sich manche Investition einfach in Luft auf.
Nach dem großen Hype und der riesigen Nachfrage zu Beginn der Corona-Pandemie, gehe es nun für die Lieferdienste darum, sich neu auszurichten. "Dieses ganze Geschäftsmodell steht zum Teil auf der Kippe", sagt der Wirtschaftsjournalist.
"Das ist ein Job, der zum Großteil auf dem Rücken der Fahrerinnen und Fahrer ausgetragen wird."
Die Menschen schauen wieder mehr aufs Geld oder gehen selbst einkaufen. Zugleich steigen die Zinsen, auch für Unternehmen. Und Meldungen, wie jüngst darüber, dass etwa Gorillas Probleme gehabt habe, Rechnungen zu bezahlen, kommen bei Investor*innen nicht gut an.
Schnell und umsonst ist Geschichte
Auch die Fahrer*innen machen den Unternehmen Druck, da sie immer wieder auf die Barrikaden gehen, gegen schlechte Bezahlung oder Arbeitsbedingungen protestieren. "Es gibt immer auch mal wieder Mitarbeiter, die machen diesen Job richtig gerne", sagt Nicolas Lieven. Im Großen und Ganzen würden die Lieferdienste aber auf dem Rücken der Angestellten betrieben. Trotz Mindestlohn bleibe es ein "Knochenjob".
Künftig, vermutet Nicolas Lieven, werden die Lieferdienste teurer werden müssen und auch nicht mehr so schnell sein. Wer diesen Service wolle, der müsse auch dafür bezahlen. Die Unternehmen müssten ihr Angebot mehr auf die Zielgruppen ausrichten: "Dieses Flächendeckende, was wir jetzt haben – alles für alle, schnell und möglichst noch umsonst – das wird es so nicht mehr geben."