Nach Explosion in BeirutKrise im Libanon: Die Lage verschärft sich
Die Explosion in Beirut trifft ein Land, das schon große Probleme hat. Der Libanon leidet unter Inflation, wirtschaftlicher Schwäche und politischem Stillstand. Eine Besserung ist nicht in Sicht.
In Beirut, der Hauptstadt des Libanons, gab es nach der Explosion im Hafen mehr als 100 Tote und noch mehr Verletzte. Die Explosion hat die Stadt schwer getroffen, und schwächt den Libanon noch mehr, der ohnehin schon unter einer wirtschaftlichen und politischen Krise leidet.
Im Land herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, Inflation und politischer Stillstand. Inzwischen sind manche Menschen auf Hilfslieferungen angewiesen, weil es nicht mal mehr das Nötigste wie etwa Lebensmittel gibt.
Gründe für die Krise im Libanon
Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin sieht zwei Gründe für die Krise im Libanon:
- Der Libanon ist Teil des Konflikts zwischen Iran und Saudi-Arabien. Das hat Auswirkungen auf die Innenpolitik, die seit vielen Jahren in zwei Lager geteilt ist und keine politischen Lösungen findet.
- Die Regierung des Libanon "ist ungeheuer korrupt", wie Guido Steinberg sagt. Einige politische Führer würden lediglich für sich selbst und ihre Klientel arbeiten, es gäbe so gut wie keinen politischen Gemeinsinn.
"Die ersten im Libanon leiden jetzt Hunger."
Konsequenz aus dem politischen Versagen und gleichzeitig Ursache für neue Probleme ist eine Finanzkrise: Das Wirtschaftssystem des Libanon ist im vergangenen Jahr zusammengebrochen. Das führte in erste Linie dazu, dass die Dollar-Bindung verloren gegangen ist, die über Jahrzehnte einigermaßen stabil war.
In den vergangenen Monaten hat das libanesische Pfund gegenüber dem Dollar deshalb stark verloren, es gibt eine Inflation. Guido Steinberg: "Das führt jetzt dazu, dass die Menschen einfach kein Geld mehr haben, um Waren zu kaufen." Hinzu käme: Der Libanon importiert sehr viel von dem, was im Alltag benötigt wird.
Positive Entwicklungen nicht in Sicht
Um die akutesten Probleme abzumildern, hat Israel Hilfslieferungen angeboten – die aber wohl nicht angenommen werden.
Der Libanon befindet sich mit Israel im Kriegszustand. Die Opposition, die pro-westlich ausgerichtet ist, würde israelische Hilfsangebote akzeptieren, sagt Guido Steinberg. Die Regierung wird aber von der Hisbollah und anderen anti-israelischen Kräften dominiert. "Es ist nicht zu erwarten, dass die Hilfe aus Israel akzeptiert wird", so Guido Steinberg.
"Die Zeichen stehen eher auf weitere Polarisierung."
Eine Lösung der wirtschaftlich-politischen Krise im Libanon ist nicht in Sicht. Aus Sicht von Guido Steinberg müssten die Libanesen die politischen Probleme selbst lösen, er glaubt aber nicht daran, dass sie das können.
Zwei Ansätze könnten helfen, doch diese beiden erscheinen ebenfalls nicht realistisch:
- Lockerungen der Sanktionen durch die USA, die eigentlich Syrien treffen sollen, die aber auch Konsequenzen für den Libanon haben.
- Iraner und die Saudis aus dem Land verdrängen und die Hisbollah dazu bewegen, ihre Waffen abzugeben.
Guido Steinberg sagt: Unter diesen Umstände wäre es vielleicht möglich, dass die politischen Lager zu einer Lösung kommen. "Das ist, wenn überhaupt, aber eine ganz ferne Version."