LGBTQIA+Wie selbstverständlich wir mit Labels umgehen
Eine Studie aus den USA hat gerade festgestellt, dass sich doppelt so viele Menschen der LGBTQIA+-Community zugehörig fühlen wie noch vor zehn Jahren. Warum es heute einfacher ist, mit diversen Labels zu hantieren, klären wir mit Esto Mader aus der Geschlechterforschung. Und Saphira berichtet, wie es sich als gelabelte Person lebt und wo noch Aufklärungsbedarf besteht.
Trans, queer, nicht-binär, person of color und Arbeiter*in, so bezeichnet sich Saphira. Saphira wollte schon im Kindergarten nicht als Mädchen angesprochen werden. Bis Saphira mit Anfang zwanzig die eigene Zugehörigkeit gefunden hatte, sollten noch ein paar Jahre vergehen.
"Also man würde äußerlich erkennen, dass ich eine person auf color bin, und ich bediene das Klischee einer queeren Person, dass ich weiblich gelesen werde, aber kurze Haare habe."
Neugierige Fragen – und übergriffige Fragen
Saphira freut sich, wenn andere fragen, denn das gibt die Möglichkeit, Begriffe zu erklären, Missstände aufzudecken und zu sensibilisieren. Aber nicht alle Fragen sind angemessen: Zum Beispiel die Frage danach, welches Geschlechtsteil Saphira in der Hose hat. Es ist Saphira unverständlich, warum Menschen das interessiert.
"Dann kommt halt schon häufig die Frage auf was Nicht-binär überhaupt ist."
Wie Saphira sich selbst bezeichnet, hängt aber auch davon ab, in welcher Situation gefragt wird. Bei Behördengängen verzichtet Saphira zum Beispiel darauf falsche Bezeichnungen richtig zu stellen - zum Selbstschutz.
"Auf Behörden bekommt man auch komische Blicke ab."
LGBTQIA+ Szene informiert sich selbst
Esto Mader forscht im Bereich Geschlechterforschung und sagt, dass das Internet und die sozialen Medien der Community geholfen haben. Informationen darüber, wo man zum Beispiel in einer fremden Stadt Anschluss an die Community findet, sind zugänglicher geworden.
"Wir werden groß in einer Welt, in der es immer nur zwei Pronomen gibt in der Sprache. Aber Identität hat viele Facetten."
Jedoch hat sich die Community gerade in Großstädten wie Berlin dadurch ausdifferenziert. Das bedeutet wiederum auch, dass man, um Anschluss zu finden, auch das Wissen über bestimmte Codes und eine bestimmte Sprache braucht. Als Teil der Gruppe gibt es dann wesentlich mehr Zugang zu spezifischen Informationen als früher – zum Beispiel über trans-freundliche Ärzt*innen. Auf dem Land sieht Esto Mader immer noch größere Schwierigkeiten die eigene Identität zu finden und auszuleben.
Für alle Menschen, die sich sprachlich unsicher sind, empfehlen sowohl Saphira als auch Esto – einfach die betreffende Person selbst zu fragen, wie sie angesprochen werden will.