Lebensmittelsiegel"Ohne Gentechnik" heißt nicht ganz ohne Gentechnik
Lebensmittel, die mit dem "Ohne Gentechnik"-Siegel gekennzeichnet sind, können Spuren von Gentechnik enthalten. Bei Tests schnitt vor allem Sojamilch schlecht ab. Warum sich das schwer verhindern lässt und gar nicht schlimm ist, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sophie Stigler.
Fällt das Thema Gentechnik, trifft man in der Regel auf zwei einander gegenüberstehende Positionen. Die einen sagen: Wenn wir eine wachsende Menschheit ernähren wollen, brauchen wir Gentechnik, um neue, genügsamere Pflanzen zu schaffen. Die anderen sagen: Wir haben keine Ahnung, was wir da langfristig in der Natur anrichten, wenn wir das Erbgut von Pflanzen manipulieren.
Um diese Grundsatzdebatte soll es hier gar nicht gehen. Wer aber für sich entscheidet, dass er beim Essen auf Gentechnik verzichten will, wird sich vielleicht ein bisschen hinters Licht geführt fühlen, wenn er hört, dass bei Tests trotz des Siegels "Ohne Gentechnik" Spuren davon gefunden wurden.
Gentechnik in angeblich gentechnikfreien Produkten
Das Verbrauchermagazin Ökotest hat beispielsweise Milchersatzprodukte wie Hafer- oder Sojamilch auf Schadstoffe untersucht. Hier wurden in drei von vier Sojamilchsorten Spuren von gentechnisch verändertem Soja gefunden. Ähnliche Erfahrungen machen auch Lebensmittelkontrolleure regelmäßig. Auch sie finden Anteile von gentechnischen Veränderungen in den Produkten, obwohl sie laut Siegel frei davon sein sollten.
0,1 Prozent ist erlaubt
Diese Spuren sind meist nur sehr gering. Bei Ökotest betrugen sie weniger als 0,1 Prozent. Das bewegt sich noch in dem Bereich, der erlaubt ist, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sophie Stigler.
"Erst wenn man über die 0,1-Prozent-Grenze drüber ist, darf man nicht mehr sagen: Die Milch ist ohne Gentechnik."
Ab 0,9 Prozent müsste man aber tatsächlich auf die Packung schreiben, dass gentechnisch verändertes Soja enthalten ist, so Sophie Stigler.
Wie diese Spuren des gentechnisch veränderten Sojas in die Milch kommen, kann viele Gründe haben. Es reiche beispielsweise aus, wenn in dem Schiff, in dem das gentechnikfreie Soja transportiert wird, vorher eine Lieferung mit gentechnisch verändertem Soja drin war. Laut des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik reiche eine Bohne für einen positiven Ausschlag beim Test.
Gentechnisch verändertes Soja wird oft in die EU importiert
Zwar ist es in der EU grundsätzlich verboten, gentechnisch manipuliertes Soja anzubauen, in die EU wird aber viel Gentechnik-Soja importiert. Nicht für unsere Lebensmittel, aber für Tierfutter. Wenn Kühe oder Schweine gentechnisch verändertes Soja zu fressen bekommen, muss das am Ende beim Fleisch oder der Milch im Supermarkt nicht gekennzeichnet werden. Wer das nicht möchte, kann nach dem Label "Ohne Gentechnik" Ausschau halten, das bezieht auch das Futter der Tiere mit ein.
Keine Belege für Gesundheitsgefahren durch Gentechnik
Die gute Nachricht: Sorgen um unsere Gesundheit müssen wir uns nicht machen, sagt Sophie Stigler. Nicht bei geringen Mengen von Gentechnik von 0,1 Prozent - und auch nicht bei 100 Prozent, sagt sie.
"Bisher gibt es keine Belege für Gesundheitsgefahren für Menschen. Da sind sich alle großen Wissenschaftsorganisationen einig."
Es gebe auch keine Belege dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen größere Risiken für die Umwelt haben. Es könne sogar sein, sagt Sophie Stigler, dass durch Gentechnik weniger Pflanzenschutzmittel verwendet werden müssen, zum Beispiel, wenn Pflanzen so verändert werden, dass sie selbst Gifte gegen Insekten entwickeln. Zu diesem Thema seien die Studien aber nicht ganz eindeutig.
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