Lange SingleWenn unklar ist, ob wir noch Beziehung können
Hat sie verlernt, in einer Beziehung zu sein? Das fragt sich Annika. Sie ist schon längere Zeit Single. Kompromisse und Ausprobieren können helfen, sagt die Psychologin Ulrike Scheuermann. Und nicht nur das.
Seit etwa fünf Jahren ist Annika jetzt Single. Eine schöne Zeit, in der sie sich allein um ihre eigenen Interessen kümmern konnte – eigentlich. Nach dieser letzten Beziehung ist sie fast drei Jahre gereist. Heute sind viele in ihrem Umfeld in Beziehungen, heiraten und kriegen Kinder. Annika nicht.
Sehnsucht und Glück
Zwar ist ihre Sehnsucht nach einem Partner in dieser Zeit gewachsen, alleine fühlt sie sich dennoch glücklich, wie sie sagt. Manchmal fragt sie sich dann aber doch, ob sie eigentlich noch im Stande ist, eine Beziehung zu führen.
Zumindest unterschwellig spürt sie in sich auch das Thema Bindungsangst. Heute in eine Beziehung zu gehen, wäre sehr viel mehr Arbeit als früher, davon ist Annika überzeugt. "Wollen wir überhaupt den ganzen Stress?", fragt sie sich dann.
"Ich möchte eigentlich nicht für immer alleine bleiben."
Annika findet, dass sie in ihren vergangenen Beziehungen zu große Kompromisse eingegangen ist. Ein eigener Hund und wirklich ausgiebig zu reisen, das hätte ihr Ex-Partner verhindert. Sie ist beides dann rasch angegangen. Sie ist gereist und hat einen Hund adoptiert.
Allerdings hat sie sich auch im Alltag stark durch die Zweisamkeit eingeschränkt gefühlt. Rausgegehen oder Drinnenbleiben? In einer Beziehung kann sie nicht machen, was sie will, findet Annika. Dass Kompromisse zu jeder Beziehung gehören, weiß auch sie.
"In meiner letzten Beziehung war das Thema Hund immer ein absolutes No-Go. Es war immer ein Nein."
Wir sind und bleiben Beziehungswesen – auch dann, wenn wir längere Zeit Single sind, sagt Ulrike Scheuermann. Eigentlich können Menschen es also nicht verlernen, mit anderen in Beziehung zu sein, weil das etwas so basal Menschliches ist, sagt die Psychologin.
Menschen sind Beziehungswesen
Grundsätzlich schwierig kann es aber für Menschen werden, die sich zurückziehen und Einsamkeit als schmerzlich empfinden. Sie können in eine Einsamkeitsspirale geraten, so nennt es Ulrike Scheuermann.
"Neuere sozialpsychologische Studien zeigen: Es kann zwei Monate, auch bis zu einem Jahr dauern, bis eine neue Gewohnheit automatisch wird."
Zu einer neuen Beziehung gehöre grundsätzlich die Bereitschaft, sich umzustellen und eigene Gewohnheiten und Routinen zu überprüfen. Das kann Monate dauern, manchmal bis zu einem Jahr.
Folgende Fragen können beim Zusammenfinden hilfreich sein:
- Wie geht es mir mit der Veränderung?
- Wie wäre es, sie zu akzeptieren?
- Wie finden wir zusammen?
- Wie hast du das bisher gemacht?
- Wie habe ich es gemacht?
Die Psychologin sagt, ideal ist es, Veränderungen nicht als Störfaktor zu bewerten. Und ihnen eine gewisse Zeit zu geben, um sich daran zu gewöhnen.
Manche Dinge lassen sich aber auch selbst mit der Zeit nicht ändern. Sie sind mehr als eine Gewohnheit. Ulrike Scheuermann nennt beispielsweise die Chronotypen – Lerchen und Eulen. Wann jemand ins Bett geht, wie lange jemand schläft ist grundsätzlich eine Typfrage. Das ist kann in bestehenden Beziehungen ein Dauerthema sein. Durch Kompromissbereitschaft lassen sich solche Unterschiede nicht ausgleichen oder überdecken. Die gehören dann zur Beziehung dazu.