Initiative fürs GemeingutOpen-Source-Landwirtschaft: Saatgut für alle
Die meisten Bauern sind von Saatgut abhängig, das von Großkonzernen lizensiert ist. Die deutsche Organisation "Open Source Seeding" setzt sich dafür ein, dass Saatgut zum Gemeingut wird. Dafür stellt die Gruppe Samensorten frei zur Verfügung.
Open Source, das ist in den meisten Fällen eine Software, die von jedem eingesehen und verbessert werden kann. Diese Idee kommt aus dem IT-Bereich und beschreibt einen idealistischen Wert des Allgemeinguts und der gemeinsamen Weiterentwicklung. Eine Initiative aus der Landwirtschaft nutzt den Begriff, um Saatgut lizenzfrei verfügbar zu machen.
Großkonzerne haben ein Saatgutmonopol
Die Eigentumsrechte für fast das gesamte Saatgut auf der Welt liegen bei einer Handvoll Großkonzerne wie zum Beispiel Bayer. Das ist für den Klein- oder Balkongärtner nicht unbedingt problematisch. Für Landwirte ist es jedoch ein großes Problem: Sie sind abhängig von den Unternehmen, weil nur die wenigsten Bauern ihr eigenes Saatgut ziehen. Dazu kommt, dass die Wirte die Samen jedes Jahr aufs Neue kaufen müssen, da die Konzerne Hybridserien verkaufen, aus denen sich kein neues Saatgut gewinnen lässt.
"Großkonzerne lassen sich teilweise Pflanzensorten als geistiges Eigentum lizenzieren und verändern sie dann so, dass man aus dem Saatgut keine neuen Pflanzen ziehen kann."
Die Organisation Open Source Seeds will dazu eine Alternative bieten und hat vor knapp zwei Jahren erstmals die Lizenz für eine Cocktailtomaten-Sorte frei zur Verfügung gestellt. An der Organisation beteiligt sind eine Pflanzenzüchter, Agrarwissenschaftler, Juristen und Aktivisten, die sich dafür einsetzen, dass Saatgut wieder zum Gemeingut wird. Das heißt: Käufer müssen keine Gebühr an den Saatgut-Urheber zahlen.
Inzwischen bietet die Gruppe Lizenzen für eine gelbe Cocktailtomate, eine klassische rote Tomate, eine Fleischtomate, für mehrere Weizensorten und für Mais an. Die Initiative kümmert sich nicht selbst um den Verkauf, sondern nur um die Lizenzierung.
Aus den vorhandenen Open-Source-Sorten entstehen neue
Entscheidend ist auch, dass das Open-Source-Saatgut weiterentwickelt werden kann. Die neuen Züchtungen haben dann auch die Open-Source-Lizenz – dem stimmt man wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen automatisch zu, wenn man die Samen kauft. Das Saatgut kann dann nicht privat lizenziert oder teuer weiterverkauft werden. Wenn das doch passiert, kann die Organisation vor Gericht ziehen.
Open-Source-Saatgut online bestellen
Wer direkt loslegen und eigenes Open-Source-Gemüse anbauen will, findet auf der Webseite der Initiative eine Liste der Sortennamen. Für jede Sorte sind dort außerdem die Erzeuger und Händler gelistet, bei denen man sie kaufen kann. Zwölf Samen der Open-Source-Sorte "Sunviva" kann man zum Beispiel direkt beim Saatguterzeuger Culinaris für 3,90€ kaufen. Zum Vergleich: 15 Samen von Hybrid-Tomaten aus einem Garten-Onlineshop kosten knapp zwei Euro.
"Ob tatsächlich viele Landwirte oder private Züchter die Pflanzen weiterentwickeln werden, muss sich noch zeigen."
Laut Angaben der Initiative ist die Saatgut-Nachfrage sehr hoch. Ob sich die Open-Source-Methode in der Landwirtschaft etabliert, wird sich aber erst in einigen Jahren zeigen. Die Initiative der Open Source Seeds ist übrigens nicht ganz neu – auch in den USA versuchten Aktivisten eine frei verfügbare Lizenz zu entwickeln, die aber scheiterte, weil sie zu kompliziert war.
Einige Organisatoren von Open Source Seeds wollen sogar noch einen Schritt weitergehen: Wissenschaftler aus der Universität Göttingen und die Saatgut-Gesellschaft Agrecol haben eine Gemeinschaftsinitiative gestartet, die dafür appelliert, dass Saatgut generell als Gemeingut erklärt wird. Das heißt, dass es in Zukunft wohl noch mehr Open-Source-Saatgut geben könnte.
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