Politische Werbung, Fake-AccountsLandesmedien-Anstalten: Facebook und Google brauchen mehr Kontrolle
Der Vorwurf der Landesmedienanstalten: Facebook, Twitter und Google halten ihre Selbstverpflichtungen nicht ein. Nicht einmal Werbung würde korrekt gekennzeichnet.
Die Landesmedienanstalten Bayern, Berlin-Brandenburg, NRW und Rheinland-Pfalz haben sich die Social-Media-Plattformen wie Twitter, Facebook und auch Google ganz genau angesehen, ob sie ihre Versprechen gegenüber der Europäischen Kommission einhalten. Es geht um den "Code of Practice" gegen Desinformationen, der im Jahr 2018 aufgesetzt wurde. So sollten zum Beispiel Fake-Accounts bekämpft und politische Werbung gekennzeichnet werden.
In Deutschland sind die Landesmedienanstalten für die Kontrolle der Medien zuständig. Sie schauen also darauf, ob Rundfunkanstalten und Netzmedien sich an das geltende Recht halten. Zum Beispiel soll Werbung auch als Werbung gekennzeichnet sein und nicht wie ein journalistisches Angebot wirken. Bei ihrer aktuellen Untersuchung von Twitter, Google und Facebook haben die Anstalten ihren Schwerpunkt auf politische Botschaften im Netz gelegt.
"Systemversagen" bei Social-Media-Plattformen
Die Diagnose der Landesmedienanstalten fällt wenig schmeichelhaft aus - die Landesmedienanstalt NRW sieht sogar ein Systemversagen bei den Social-Media-Plattformen.
Die bisherige Selbstregulierung der Plattformen sei nach Auffassung der Gutachter weder effektiv noch verhältnismäßig. Da seien politische Anzeigen bei Facebook nicht als solche gekennzeichnet, oder die Kennzeichnung gehe bei der Weiterverbreitung verloren.
"Werbung ist alles, wofür Geld bezahlt wurde."
Die Landesmedienanstalten kritisieren, dass zum Beispiel bei Facebook oft gar nicht mehr erkennbar sei, ob es sich bei einem Post um eine Anzeige handele oder nicht. "Werbung ist alles, wofür Geld bezahlt wurde", sagt Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalten. Bei jeder bezahlten Anzeige müsse das dauerhaft transparent gemacht werden.
Facebook ist für mehr Regulierung
Die Umsetzung davon ist aber gar nicht so einfach, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Michael Gessat. Sein Beispiel: Beim Brexit haben Trollfarmen aus Russland intensiv in Foren und auf Plattformen mitgemischt und für den Brexit Stimmung gemacht. "Diese Postings müsste man eigentlich alle kennzeichnen", sagt Michael Gessat.
Das Problem ist aber: "Die jeweiligen Plattformen müssen erstmal erkennen können, dass hinter einem Account oder hinter Postings ein Player mit einer Agenda und mit Geld steckt."
"Es kann schon sein, dass Akteure Inhalte im Netz promoten, ohne dass die Plattformen trotz Algorithmen und menschlicher Aufpasser checken, wer dahinter steckt."
Facebook hat sich auf Nachfrage von NDR und WDR offen für Regulierungen gezeigt, so wie die Landesmedienanstalten das fordern. Michael Gessat erklärt: "Die Plattformen, vorweg Facebook, hätten eigentlich sehr gerne klare Vorgaben, was sie posten dürfen oder löschen müssen."
Zuletzt sorgte zum Beispiel ein Fake-Video von Donald Trump und Nancy Pelosi für Aufregung: im Original zerreißt Pelosi Trumps Redemanuskript demonstrativ. Nun wurde diese Szene in einen anderen Kontext geschnitten: In dem Video sieht es aus, als ob Pelosi afroamerikanische Veteranen in den Schmutz ziehen würde.
"Wenn Facebook oder Twitter selbst entscheiden müssen, so einen suggestiven Clip zuzulassen oder rauskicken, haben sie hinterher rund 50 Prozent Gegenwind", schätzt Michael Gessat. "Wenn es eine klar definierte regulative Vorgabe gäbe, könnten sie ihre Hände seelenruhig in Unschuld waschen."