Gegen das LadensterbenStadtforscher: "Die Innenstadt muss etwas Besonderes sein – kein Angebot wie überall"
Der Onlinehandel, der Wandel der Arbeitskultur und die Coronavirus-Pandemie machen es dem stationären Handel in den Innenstädten schwer. Daher braucht es gerade jetzt Maßnahmen, die aus eintönigen Einkaufsmeilen vielfältige Erlebnisstraßen machen, sagt Stadtforscher Thomas Krüger.
Den Pulli, die Schuhe oder das Buch bestellen wir im Netz. Auch die großen Handelsketten haben schon lange verstanden, dass sich das Geschäft mit dem eigenen Onlineshop lohnt. Beim Gang durch die Einkaufsstraßen deutscher Innenstädte zeigt sich: Der stationäre Handel kämpft ums Überleben. Immer öfter stehen Geschäfte leer.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert daher einen Innenstadtfonds von 500 Millionen Euro. Das Geld soll strauchelnde Innenstädte auffangen und vor dem Aussterben bewahren.
Jetzt: Vielfalt
Damit das funktioniert, muss die Innenstadt neu gedacht werden, sagt Stadtforscher Thomas Krüger von der Hafen-City-Universität Hamburg. Aus uniformen Einkaufsmeilen – die es in ähnlicher Form in vielen deutschen Innenstädten gibt – sollen Einkaufsstraßen werden, die von der Vielfalt leben, erklärt er.
Konkret hieße das: Es braucht viele unterschiedliche Läden, die im besten Fall einzigartig für ihre Stadt sind. Das ziehe ein buntes Publikum an, für die der Gang ins Stadtzentrum so zum Erlebnis werde.
Weg von einheitlichen Ladenzeilen hin zu Viefalt und Einzigartigkeit
Treffen Läden mit neu gedachten Konzepten auf ein diverses Angebot aus Gastronomie, Kultur und Bildung, macht das eine Einkaufsmeile wieder zum Zentrum der Stadt, wie es in der Vergangenheit einmal gedacht war, sagt der Stadtforscher.
Städte wie Münster oder Freiburg würden zum Beispiel vormachen, was eine lebendige Innenstadt bedeute. Denn: Die Innenstadt lebe eben von den Menschen, die durch Geschäfte bummeln und dort sind, weil sie gerne Zeit an diesem Ort verbringen.
"Wir brauchen eine vielfältigere Innenstadt, die es Sinn macht zu besuchen."
Aktuell erhalten Einzelhändler noch aus der Nachbarschaft viel Laufkundschaft. Das liegt daran, dass viele Innenstädte in Deutschland von einer starken Büronutzung geprägt sind, so Thomas krüger. Es ist ein klassisches Konzept: Unten der Einzelhandel, darüber Büros, Arztpraxen und Ähnliches. In der Vergangenheit haben die Angestellten der Büros auch im stationären Handel für Umsatz gesorgt – zum Beispiel, indem sie dort etwas in ihrer Mittagspause kauften.
Diese Art von Laufkundschaft wird in Zukunft allerdings weiter abnehmen, sagt Thomas Krüger. Damit sieht er im Wandel vom Arbeiten im Büro hin zu einem mobilen Arbeitsplatz neben dem Onlinehandel eine zusätzliche Ursache für die aktuell schwierige Situation in den Innenstädten.
Corona als Schock
Hinzu komme: In den letzten Monaten hätten viele Einzelhändler durch die Coronavirus-Pandemie einen Schock erlitten. Die Coronakrise habe Entwicklungen verschärft, die schon länger stattgefunden hätten. Für die nächste Zeit prognostiziert der Stadtforscher daher ein starkes Ladensterben. Um das einzudämmen, brauche es jetzt Maßnahmen, die einen ersten Schritt in Richtung vielfältige Gestaltung gingen.
"Das Problem ist: Wenn überall erstmal das Packpapier im Schaufenster ist, kriegen Sie die Läden nicht wieder nach oben."