Künstlerin Judith Holofernes"Ich hätte mich gerne nicht so ausgebeutet"
Judith Holofernes macht Musik, schreibt Gedichte und arbeitet gerade an einem Buch. Sie selbst habe sich in der Pandemie zurückziehen und neue Wege finden können. Doch viele Künstler hätten massiv in den vergangenen eineinhalb Jahren gelitten, sagt sie.
"Die Pandemie hat vielen Künstlern ihre Verletzlichkeit vor Augen geführt", sagt Judith Holofernes. Ihre Existenz sei bedroht oder zerstört. "Viele denken sich: Ich habe ein Schulkind und spiele in fünf Bands, jetzt ist endgültig der Faden gerissen." Neben den Musikerinnen und Musikern seien auch Tonleute, Veranstaltungstechniker und viele andere Berufe immens betroffen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen würden.
Trotz vieler Lippenbekenntnisse sei die Unterstützung vom Staat vorsichtig ausgedrückt eher überschaubar. Holofernes selbst war die Frontfrau der Band "Wir sind Helden", einer der erfolgreichsten deutschen Bands, die aber seit 2012 nicht mehr aktiv ist.
"Ich wäre gerne früher netter zu mir gewesen."
Die Künstlerin hat sich danach Solo-Projekten gewidmet, neue Musik aufgenommen, Gedichte geschrieben und arbeitet nun an einem Buch. Seit November 2019 ist sie auf der Plattform Patreon, auf der man ein Abo bei Judith Holofernes abschließen kann. Das Ganze fängt bei 3 Euro im Monat an und kann bis 100 Euro im Monat gehen. Je nach Abo-Art bekommt man dann von ihr Gedichte, Podcast-Folgen oder persönliche Überraschungsgeschenke. Die Zahl ihrer Fans sei überschaubar, dafür sei die Beziehung aber besonders innig, sagt die Künstlerin. "Immer mehr Künstler merken, dass man auf die Tiefe der Beziehung gehen muss. Man muss auf die Leute gehen, denen die eigene Arbeit was bedeutet."
"Ich habe nicht mehr das Gefühl von Eile."
Sie habe sich von der kommerziellen Musik abgewandt, um endlich mehr Zeit für die Dinge zu haben, die ihr etwas bedeuten würden. Dabei hat sie zum Beispiel schon als Frontfrau von "Wir sind Helden" gegen unsinnigen Konsum angeschrieben. Ihre Songtexte drehen sich auch immer wieder um Selbstannahme und wie es geht, gut zu sich zu sein. "Das ist doch verrückt. Ich habe das alles gewusst in diesen Songs. Und dann zu merken, wie lange es manchmal dauert, bis man in seinem eigenen Leben Sachen wirklich umsetzt."
Ihre Texte leben unter anderem von komischer Poesie. Liebeskummer hört sich bei Judith Holofernes so an: Ich liege immer noch in dem Graben vor Deinem Haus. Und ja, es sieht nicht so gut für mich aus. "Über das genaue Hingucken auf Sachen, die sehr persönlich sind, kommt man zu was Universellem", sagt sie.
"Ich wäre gerne weniger pflegeleicht gewesen, das hätte mir eineinhalb Burn-outs und eine Meningitis erspart."
Im Deep Talk mit Sven Preger spricht Judith Holofernes darüber, wie sie auf ihre Texte kommt, was Kultur bedeutet und was sie in ihrem Leben gerne anders gemacht hätte.