Flucht übers MittelmeerRetter sind kein "Shuttle-Service"
Der CSU-Politiker Stephan Mayer hat Hilfsorganisationen im Mittelmeer vorgeworfen ein "Shuttle-Service" für Flüchtlinge zu sein. Stimmt seine Aussage?
In den ersten fünf Monaten dieses Jahres sind mehr als 60.000 Flüchtlinge über Libyen nach Europa gekommen, das sind 26 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Diese Zahl hat der der CSU-Politiker Stephan Mayer zum Anlass genommen den Hilfsorganisationen vorzuwerfen, sie seien ein "Shuttle-Service" für Flüchtlinge.
Anders formuliert: Flüchtlinge kommen auch deshalb von Afrika nach Europa, weil Hilfsorganisationen sie aus Seenot retten.
Stimmt das?
Wissenschaftler der Universität Oxford haben die Seenotrettung in Italien in den vergangenen Jahren untersucht. Sie haben sich dabei die Rettungsmission Mare Nostrum und die Frontex Mission Triton angeschaut. Die Studie aus Oxford zeigt, dass die Anzahl der ertrunkenen Flüchtlinge mit dem Einsatz von Seenotrettung sinkt.
"Das heißt andersrum, wenn man an den Rettungsoperationen kürzt, sorgt man direkt für mehr Tote."
Aber: Einen Zusammenhang zwischen Seenotrettung und der Zahl der Flüchtlinge konnte die Studie nicht feststellen. Es werden also nicht mehr Menschen dazu bewegt zu fliehen, wenn es mehr Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer gibt.
Schlepper setzen darauf, dass Menschen gerettet werden
Dass nicht vermehrt Menschen fliehen, heißt aber nicht, dass Schlepper nicht generell auf die Rettungseinsätze setzen. Im Mai hatte die EU-Grenzschutzagentur Frontex auf Mobiltelefonen von Flüchtlingen die Telefonnummer von Hilfsorganisationen gefunden. "Die Schlepper setzen drauf, dass die Menschen gerettet werden. Und geben die Informationen auch weiter", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Thomas Otto.
"Aber man kann keinesfalls von einem Shuttle-Service sprechen. Wenn es den wirklich gäbe, würden nicht so viele Menschen ertrinken."
Laut der internationalen Organisation für Migration sind in diesem Jahr bisher 1300 Flüchtlinge ertrunken.
Ermittlungen gegen Hilfsorganisationen
Trotzdem kommt immer wieder der Vorwurf auf, dass NGOs mit Schleppern zusammen arbeiten. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz und der Chef von Frontex Frabrice Leggeri zum Beispiel verdächtigen die Hilfsorganisationen mit ihrer Hilfe das Schleppersystem zu unterstützen.
Weil es angeblich Hinweise auf eine solche Zusammenarbeit gibt, ermitteln inzwischen mehrere Staatsanwaltschaften in Italien. Beweise liegen bisher nicht vor. Die NGOs halten dagegen: Wenn sie die Menschen nicht retten, ertrinken noch mehr Menschen.