Krise in ÖsterreichWien hat eine Übergangsregierung
Sebastian Kurz hat eine neue Regierung zusammengestellt. Sie könnte bis zum Herbst halten oder nur wenige Tage. Denn an seiner Minderheit im Parlament ändert sich nichts.
In Österreich wurden die zurückgetretenen Kabinettsmitglieder der rechtspopulistischen FPÖ überwiegend durch parteilose Experten ersetzt, darunter ein ehemaliger Richter und ein Offizier. Ob die Minderheitsregierung bis zur vorgezogenen Wahl im September hält, ist allerdings offen. Sebastian Kurz (ÖVP) muss sich am 27. Mai einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Dafür ist er auf die SPÖ-Opposition angewiesen.
"Das ist die nächste große Baustelle, die hier ansteht. Sebastian Kurz kann diese Misstrauensabstimmung nicht aus eigener Kraft gewinnen."
Es sei jetzt wichtig, alles zu tun, dass aus der Krise einer Partei nicht die Krise des Staates werde, sagte Sebastian Kurz. Er habe SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bereits am Vorabend über die als Minister ausgewählten Experten informiert, fügte er hinzu. Dem habe die SPÖ-Opposition widersprochen, sagt Srdjan Govedarica. Er ist unser Korrespondent für Wien. Für ihn steht fest, dass die Ausgewählten ausreichend qualifiziert sind. Die massive innenpolitische Krise des Landes, sei eine starke Motivation für die neuen Minister tatsächlich zu helfen.
"Man kann schon davon ausgehen, dass sie sich damit auskennen, was sie tun sollen."
Die Aufgabe der Experten ist nun in erster Linie die Verwaltung der Ministerien. Sie hätten nur sehr wenig politischen Spielraum. Es könne allerdings durchaus sein, dass nach den Neuwahlen vielleicht der eine oder andere Ministerposten nicht neu besetzt werde, ordnet Srdjan Govedarica ein.
Rotationsverfahren im Kabinett
Die Koalition aus ÖVP und FPÖ war nach der Veröffentlichung des Enthüllungsvideos zu Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auseinandergebrochen. Kurz führt nun eine Minderheitsregierung an. Straches Nachfolger als Vizekanzler ist Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Straches Aufgaben als Minister für Öffentlichen Dienst und Sport hat die ÖVP-Familienministerin Juliane Bogner-Strauß übernommen.
Neuer Innenminister ist der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs, Eckart Ratz. Dieser solle nun die Inhalte und die Herkunft des Ibiza-Videos aufklären, sagte der Bundeskanzler. Hier gebe es möglicherweise strafrechtlich relevante Tatbestände, auf jeden Fall aber moralische Verfehlungen.
Militär als Verteidigungsminister
Das Sozialministerium hat der frühere Abteilungsleiter Walter Pöltner übernommen, das Infrastrukturministerium die Chefin der Flugsicherung Austro Control, Valerie Hackl. Neuer Verteidigungsminister ist der stellvertretende Generalstabschef Johann Luif.
In dem auf Ibiza heimlich aufgenommenen Video hatte sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit gezeigt, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfgelder öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. Strache war nach den Enthüllungen am Wochenende von seinen Ämtern als Vizekanzler und Parteichef zurückgetreten.