KriminalitätDeutschland – das Geldwäsche-Paradies
Deutschland ist ein Hotspot für Geldwäscher. Etliche Milliarden Euro aus illegalen Geschäften sollen jedes Jahr bei uns gewaschen werden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) möchte das Problem mit einem neuen Gesetzentwurf eindämmen.
Schätzungsweise rund 100 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland zu legalem Geld gewaschen, zeigt eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. "Das Problem Geldwäsche ist in Deutschland ziemlich erheblich", sagt auch der NDR-Journalist Benedikt Strunz. Und: Die Geldwäscher kommen gezielt nach Deutschland, weil es Lücken im System gibt. Folgende Beispiele nennt Strunz:
- Fehlende Bargeldobergrenzen: In Deutschland kann theoretisch jeder Geldbetrag in bar bezahlt werden. Geldwäscher nutzen das und kaufen teure Waren, wie zum Beispiel Autos, Kunstgegenstände, Uhren und Schmuck, Gold und Silber.
- Keine Beweislastumkehr: Hält die Polizei oder der Zoll einen Geldkurier an, der viel Bargeld bei sich trägt, muss diesem zuerst nachgewiesen werden, dass das mitgeführte Geld aus illegalen Geschäften kommt. Schafft die Polizei oder der Zoll das nicht, kann der Geldkurier weiterziehen.
- Ermittlungsdruck ist niedrig: Aufgrund von strukturellen Problemen der Financial Intelligence Unit (FIU), bleiben mehrere Zehntausend Geldwäsche-Verdachtsmeldungen liegen und werden nicht bearbeitet, meint Benedikt Strunz. Die FIU ist eine wichtige Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, die sich mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beschäftigt.
Wie Geldwäsche funktioniert: Ein Beispiel
Um illegales Geld aus Drogengeschäften, Menschen- oder Waffenhandel zu waschen, braucht es eine gut strukturierte kriminelle Organisation. Laut Benedikt Strunz haben Drogenkartelle zum Beispiel ein Netz an Geldwäschern in ganz Europa stationiert, die in regelmäßigen Abständen ausgesendet werden, um die Gewinne aus den Drogengeschäften einzusammeln. Meistens handelt es sich dabei um kleine Geldscheine im Wert von 20 bis 50 Euro, die in der Summe gut bis zu eine Millionen Euro ergeben können.
Lücken im deutschen System machen es Geldwäschern leicht
Geldkuriere bringen das Bargeld im Anschluss mit Autos nach Deutschland, um es über einen weiteren Mittelsmann in verschieden Luxus-Güter wie Uhren, Autos, Gold und Silber zu investieren, erklärt Benedikt Strunz weiter. So können die Waren im Ausland wieder verkauft werden und das Geld aus illegalen Geschäften bekommt einen scheinbar legalen Ursprung. Das bedeutet: Das Geld kann dann auf Bankkonten eingezahlt werden. Beliebte Länder für den Verkauf von solchen Waren sind beispielsweise Beirut und Dubai.
"Deutschland subventioniert sozusagen schwere Kriminalität wie Drogenhandel, Menschen- und Waffenhandel."
In diesem Beispielfall wäre Deutschland das Ursprungsland der Geldwäsche. Es ist aber auch möglich, Deutschland zum Zielland einer Geldwäsche zu machen, sagt Benedikt Strunz. Dazu wird das im Ausland eingezahlte Geld zum Beispiel in deutsche Immobilien investiert. Laut Strunz sei diese Vorgehensweise momentan ein großes Problem, weil auf diesem Weg Anteile von Firmen oder ganze Straßenzüge in deutschen Städten gekauft werden. Laut Transparency International Deutschland werden 15 bis 30 Prozent der kriminellen Gelder mit dem Kauf von Immobilien gewaschen.
"Wenn in Deutschland Gelder der Mafia angelegt werden, korrumpiert die ganze Wirtschaft."
Dadurch können kriminelle Organisationen oder Mafia-Clans Einfluss auf die Wirtschaft ausüben. Laut Strunz subventioniert Deutschland so schwere Kriminalität.
Der Gesetzentwurf von Olaf Scholz
Aufgrund dieser Vielzahl an Problemen, möchte Olaf Scholz durch den Gesetzentwurf bestimmte Berufsgruppen, wie Makler, Anwälte, Notare, Uhrenhändler und Auktionatoren, dazu verpflichten einen Geldwäscheverdacht (schneller) zu melden.
Bei dem Gesetzentwurf handelt es sich aber um eine Ergänzung. Laut Volker Finthammer aus unserem Hauptstadtstudio geht die Politik bereits gegen Geldwäsche vor, seitdem die Frage nach dem international finanzierten Terrorismus aufkam. Es folgte eine europäisch koordinierte Aktion, um die vielen Bereiche der Geldwäsche stärker zu kontrollieren. So wurden die von Geldwäsche betroffenen Bereiche sichtbar wie der Kauf von Immobilien. Finthammer sagt weiter, dass der Entwurf auch erstmals Kryptowährung und Bitcoins ins Blickfeld nimmt.
"Das Gesetz verschärft die Bereiche und verpflichtet die freien Berufe (Anwälte, Makler, Steuerberater) dubiose Zahlungen zu melden."
NDR-Journalist Benedikt Strunz sieht in dem Entwurf gute Ansätze, um das Problem anzugehen. Allerdings gebe es noch viele Lücken. Er sieht zum Beispiel das Problem, dass in der Vergangenheit Geldwäsche oder dubiose Zahlungen kaum von den verpflichteten Berufsgruppen gemeldet wurden: "Von zehntausend Meldungen sind nur Hunderte von Händlern, die bisher verpflichtet wurden", sagt Strunz.
Außerdem würde den zuständigen Behörden, wie den Landeskriminal- und Zollämtern, Gelder fehlen, um zu ermitteln. Er schlägt daher Bargeldobergrenzen für alle Warenkäufe und eine klare Anti-Geldwäsche-Strategie vor.