KrankenhausreformWie wir im Notfall versorgt werden sollen

Wer ins Krankenhaus muss, braucht Hilfe. Doch viele Krankenhäuser sind am Limit: Es fehlt an Geld und Personal. "Wir sind schon gegen die Wand gefahren", sagt Pfleger Dominik. Gesundheitsminister Lauterbach arbeitet an einer Reform. Nicht allen gefällt das.

Dominik arbeitet als Pfleger auf einer Intensivstation. Er berichtet von einer Situation, die beispielhaft ist für den Zustand in vielen Krankenhäusern: Nur vier Pflegekräfte waren für 16 Patientinnen und Patienten verantwortlich. Viel zu wenige. "Den Druck, den man dann spürt, das kann man gar nicht stemmen. Da geht es nur darum, zu schauen, dass alle Patienten keinen Schaden bekommen", sagt er. Die Lage sei sehr kritisch, letztlich gehe es um Menschenleben.

Überlastung – am Ende leiden die Patienten

Bei Schichtbeginn muss Dominik häufig priorisieren, wie er die Zeit für Patientinnen und Patienten aufteilt. Dabei werde er den Ansprüchen an seine Arbeit oft nicht gerecht. "Ich möchte die bestmögliche Pflege anbieten und da muss ich halt abspecken. Das ist sehr schade, weil die Patienten leiden am meisten darunter", meint er.

Trotz Stress und Überlastung – Dominik liebt seinen Beruf als Pfleger

Dominik ist seit knapp zehn Jahren im Beruf. Mit der Zeit und Erfahrung habe er zwar gelernt, besser mit Druck umzugehen – trotzdem gibt es immer wieder Tage, an denen er den Frust mit nach Hause nimmt, sagt er. Abschalten gelinge da nicht immer. Manche Dienste stecken in den Knochen, was ihm Zuhause zum Nachdenken bringe – auch über das Gesundheitssystem, sagt er.

"Das System ist überlastet, wir brauchen neue Lösungen. Ich erhoffe mir eigentlich sehr viel von der Krankenhausreform."
Domink, Pfleger auf der Intensivstation

Für Dominik ist das bestehende Krankenhaussystem überlastet. "Wir brauchen neue Lösungen", sagt er. Von der Krankenhausreform erhofft er sich sehr viel, wenngleich er kritisiert, dass die Berufsgruppe der Pflegefachkräfte in den Diskussionen zu wenig berücksichtigt werde.

Krankenhausreform – andere Finanzierung und Spezialisierung

Im Gesundheitssystem fehlen alleine in diesem Jahr sechs Milliarden Euro – vor allem durch gestiegene Sach- und Personalkosten, auch wegen der Inflation. Krankenhäuser können im Gegensatz zu anderen Betrieben ihre Preise nicht einfach anpassen. Auch deswegen wird eine Reform diskutiert.

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Die Krankenhausreform konzentriert sich vor allem auf zwei zentrale Punkte. Erstens soll das bisherige Finanzierungsmodell, die Fallpauschalen, reformiert werden. Krankenhäuser erhalten derzeit einen festen Betrag pro Behandlungsfall – was lukrative Behandlungen bevorzugt. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent ihrer Vergütung durch Vorhaltepauschalen erhalten, basierend auf der Bereitstellung von Leistungen und unabhängig von der tatsächlichen Nutzung.

"Was spezialisierter ist, Krebsoperation oder neue Gelenke, soll nur noch in bestimmten Kliniken möglich sein."
Nadine Lindner, Dlf-Hauptstadtkorrespondentin

Der zweite Kernpunkt der Reform ist eine stärkere Spezialisierung. Anstatt viele Kliniken auf viele Behandlungen auszurichten, sollen über das Land verteilt kleinere Basiskliniken, sogenannte Level-eins-Kliniken, die Grund- und Notfallversorgung bieten. Spezialisierte Eingriffe wie Krebsoperationen oder Gelenkersatz sollen nur in bestimmten Kliniken durchgeführt werden, die für diese Zwecke ausgestattet sind.

Spezialisierung macht weitere Anfahrtswege nötig

Die Reform würde sich, abhängig vom Wohnort, vor allem in längeren Wegen für die Patientinnen und Patienten bemerkbar machen. Während die Notfallversorgung gesichert bleiben soll, müssen Patienten für spezialisierte Behandlungen etwa in die nächste Kreisstadt oder Großstadt fahren.

Mit der sogenannten Notfallreform soll den Überfüllungen in Notfallambulanzen entgegengewirkt werden. Die Grundidee ist, dass es zentralen Anlaufstellen geben soll, in denen entschieden wird, ob ein Patient tatsächlich ein Fall für die Notaufnahme ist, zur Notfallpraxis geschickt wird oder noch etwas warten kann. Geplant ist, dass die Reform, nach der finalen Abstimmung im Bundestag und der Absegnung im Bundesrat, rund um den Jahreswechsel 2024/2025 in Kraft treten soll. Die Auswirkungen werden aber erst in einigen Jahren sichtbar werden.

Die Pflege braucht ein Mitspracherecht

Dominik hält die gepanten Umstrukturierung für richtig. "Ich glaube, dass wir die Strukturen verbessern müssen, um die Kapazitäten für dringende Notfälle zu haben", sagt er. Der Pfleger hofft auch, dass das Problem des Haus- und Fachärztemangels in Zukunft behoben wird. Sein Wunsch ist eine Lösung, die sicherstellt, dass alle Patient*innen rechtzeitig die nötige Behandlung erhalten.

"Der Pflegeberuf ist unglaublich toll und so vielfältig. Mittlerweile sind die Gehaltsstrukturen auch gut gestiegen. Man kann sich mit diesem Beruf eine gute  Zukunft aufbauen."
Domink, Pfleger auf der Intensivstation

Dominik zweifelt nicht an seiner Berufswahl. Er empfindet den Pflegeberuf als sinnstiftend, auch die Gehälter seien gestiegen. Allerdings erschweren schwierige Rahmenbedingungen die Ausübung des Jobs. Der Pfleger fordert, dass Politik und Gesundheitswesen gemeinsam Lösungen finden – Lösungen, bei denen die Pflege ein Mitspracherecht braucht. Andernfalls drohen weiterhin Berufs- und Ausbildungsabbrüche, glaubt er.