KosmetikWarum der Begriff "normale Haut" problematisch ist
Standet ihr in der Drogerie auch schon mal vor dem Regal mit den Hautpflegeprodukten und habt gedacht: Was soll das eigentlich sein, "normale Haut"? Gute Frage. Der Konzern Unilever streicht das Wörtchen "normal" jetzt aus seinem Kosmetik-Wortschatz.
Wenn auf einer Tube, Flasche oder Dose "für fettige Haut" oder "für sehr trockene Haut" draufsteht, können wir uns ja in der Regel noch etwas darunter vorstellen. Oft lesen wir da aber "für normale Haut". Das Problem des Wörtchens "normal": Es impliziert, dass alles, was sich außerhalb dieses bestimmten Spektrums bewegt, eben "nicht normal" ist.
"Das Wort 'normal' impliziert: Alles, was sich außerhalb davon bewegt, ist eben 'nicht normal'."
Bei Produkten des Konzerns Unilever, zu dem unter anderem die Marken "Dove" oder "Axe" gehören, ist mit diesem Wording jetzt bald Schluss. Das Ganze ist laut eigener Aussage Teil einer größeren Umstrukturierungsmaßnahme, die dazu führen soll, dass Körperpflege inklusiver wird und mehr Menschen mit einschließt, berichtet Anke van de Weyer von Deutschlandfunk Nova.
Inklusivere Körperpflege
Die Entscheidung des Konzerns, "normal" aus seinem Kosmetik-Wortschatz zu verbannen, ist unter anderem das Ergebnis einer Umfrage unter 10.000 Leuten, die zur Kosmetik- und Körperpflege-Industrie befragt wurden: Mehr als die Hälfte der Befragten gab dabei an, dass die Industrie Menschen das Gefühl gebe, ausgeschlossen zu sein – und dass die Branche Idealbilder erschaffe, was normal sei und was nicht. Anke van de Weyer ergänzt, dass ein Großteil der Industrie aber auch von der Erschaffung dieser Schönheitsideale lebe.
"Der Wunsch der Befragten: Die Kosmetikbranche solle sich lieber darauf konzentrieren, dass Menschen sich besser fühlen – und nicht nur besser aussehen."
Die Befragten haben bei der Umfrage den Wunsch geäußert, die Branche solle eben diese Schönheitsbilder weiter fassen. Anstatt immer nur auf das Aussehen zu schauen, solle sie sich lieber darauf konzentrieren, dass Menschen sich besser fühlen.
Fühlen wichtiger als Aussehen
So verständnisvoll und kundenorientiert die Maßnahme von Unilever auch daherkommt – wahrscheinlich würde der Konzern sie nicht umsetzen, wenn er sich davon nicht auch Profit versprechen würde, glaubt Anke van de Weyer. Denn natürlich will er seine Produkte auch weiterhin gut verkaufen. Für die jüngste Aktion jetzt gibt es Lob – allerdings gab es durchaus auch schon mal andere Aktionen von Unilever, die nicht gut ankamen.
Vor vier Jahren etwa wurde bei einem britischen Werbespot für die Marke "Dove" die Frage gestellt, ob Stillen in der Öffentlichkeit okay ist oder nicht. Das zog einen Shitstorm nach sich. Und schon kurze Zeit später gab es erneut viele Diskussionen, diesmal um eine "Dove"-Kampagne für eine Reinigungs-Lotion: Ein schwarzes Model war zu sehen, dass sich ein T-Shirt auszieht – und danach war ein weißes Model zu sehen. Von vielen wurde das so gelesen, als sollte suggeriert werden, das schwarze Model sei quasi das "Vorher-Foto" und das weiße Model das "Nachher-Foto".
"Normal" ist nicht selbsterklärend
Aber ganz unabhängig davon, wie wir zu Unilever stehen: Der Begriff "normal" bei Kosmetik und Körperpflege ist nicht nur ausschließend, sondern auf jeden Fall generell auch ziemlich unpraktisch, findet Anke van de Weyer. Weil er nämlich überhaupt nicht selbsterklärend ist.
Mit "normaler Haut" ist im Prinzip ein ausgeglichenes Hautbild gemeint, also weder sehr trocken, noch sehr fettig, noch sehr empfindlich. Menschen mit "normaler Haut" haben also tendenziell kaum Unreinheiten wie Pickel oder Mitesser und sind auch nicht sehr anfällig für äußere Faktoren. Sie reagieren also zum Beispiel nicht so stark auf Make Up.
"Im Prinzip ist eine 'normale Haut' das, was sich jede und jeder wünscht, weil man damit natürlich sehr wenig Stress hat."
Die weiteren Hauttypen, die in der Drogerie auf Produkten oft angegeben werden, sind fettige oder ölige Haut, die mehr Talg produziert, trockene Haut, die zu Spannungen neigt, und Mischhaut, bei der oft die Wangen trocken sind und die Stirn- und Kinnpartie dafür öliger.
Haar- und Kopfhautpflege
Bei unseren Haaren und der Kopfhaut ist das Ganze sogar nochmal etwas komplizierter, erklärt Anke van de Weyer: Shampoos mit der Bezeichnung "für normales Haar" sind geeignet für Haare, die keinen Spliss haben und deren Schuppenschicht intakt ist. Deswegen glänzen die Haare von sich aus schon, weil das Licht reflektiert wird. Blondierte Haare zum Beispiel haben keine intakte Schuppenschicht, weil beim Blondieren durch Ammoniak die Schuppenschicht geöffnet wird.
Bei Schuppen auf der Kopfhaut solltet ihr ganz genau gucken, ob sie eher trocken oder ölig sind. Wenn ihr nämlich eine trockene Kopfhaut habt, dann ist Schuppenshampoo absolut kontraproduktiv.