Machtübernahme durch die TalibanAfghanische Mädchen sollen wieder in die Schule dürfen - zumindest einige
Afghanische Mädchen sollen wieder im ganzen Land in die Schule gehen dürfen. Die Taliban werden wohl ein paar Show-Schulen zeigen, vermutet unsere Korrespondentin.
Noch in dieser Woche sollen die Schulen in Afghanistan wieder öffnen (Stand 22.03.2022). Das haben die herrschenden Taliban über ihr Bildungsministeriums in Kabul verbreiten lassen. Die Ankündigung wird als bisher deutlichstes Signal gewertet, dass auch die Mädchen wieder am Unterricht in weiterführenden Schulen teilnehmen dürfen.
Damit versuchen die Taliban eine der Grundvoraussetzungen des Westens für finanzielle Unterstützung zu erfüllen, sagt ARD-Korrespondentin Silke Diettrich. Deswegen brauchten sie diese gute Nachricht.
"Sie werden definitiv erst einmal so ein paar Show-Schulen zeigen. Diese Bilder brauchen die Taliban."
Ob die Schulen wirklich flächendeckend öffnen, sei allerdings fraglich. Einige dürften in der Hauptstadt Kabul wohl zusammenkommen. Auch weiteren Versprechungen der Taliban gegenüber ist Silke Diettrich nur begrenzt optimistisch. Das gilt beispielsweise auch für die angekündigte Amnestie für Oppositionelle im Land.
Dokumentierte Exekutionen
Silke Diettrich weist darauf hin, dass die Hinrichtung von Menschen aus dem Umfeld der ehemaligen Regierung und ihrer Armee durch die Uno dokumentiert ist.
"In Berichten der Vereinten Nationen steht, dass mindestens 100 Menschen hingerichtet wurden, die zur ehemaligen Regierung oder der Regierungsarmee gehört haben."
Speziell Frauen und Mädchen werden weiterhin systematisch benachteiligt, sagt Silke Diettrich. Das gelte für Positionen in der Regierungm, aber auch weit darüber hinaus im gesamten Arbeitsmarkt.
Hunger und Armut
Die Ausrichtung der Talibanherrschaft zeige sich in der Umfunktionierung des Frauenministeriums in Ministerium zur Förderung der Tugend zur Verhinderung von Laster. Silke Diettrich berichtet außerdem von Zensurmaßnahmen und Selbstzensur unter Journalistinnen und Journalisten.
"Es gab mal ein Frauenministerium, das haben die umfunktioniert. Sie nennen das 'Förderung der Tugend zur Verhinderung von Laster'. Da weiß man schon ungefähr, wohin es geht."
Hunger und Armut gehörten nach der Machtübernahme der Taliban für große Teile der Bevölkerung zum Alltag – gerade in Kabul. Silke Diettrich beschreibt offenes Betteln und Angebote von Kinderarbeit:
"Kinderarbeit in Kabul sieht so aus, dass wirklich ganz viele Kinder auf der Straße sind, an den Autos klopfen oder in Läden gehen." Ein Ladenbesitzer habe ihr gesagt, dass täglich 50 Kinder vorbeikämen und anböten, seine Schuhe zu putzen.
Verbessert habe sich allerdings die Sicherheitslage in Afghanistan – für Silke Diettrich ist das wenig überraschend. Sie sagt: "Die größte Kriegspartei, die viele Anschläge verursacht hat, sind die Taliban. Die sind jetzt an der Macht."