Dominanz großer KonzerneVielfalt im Regal? Fehlanzeige!
Welche Lebensmittel im Supermarkt angeboten werden - das entscheiden weltweit nur ein paar riesige Konzerne. Sie kontrollieren unser Essen - von der Herstellung bis zum Verkauf.
Ist doch eigentlich toll, wenn wir die Qual der Wahl haben im Supermarkt. Wir können zwischen gefühlt 30 Joghurts auswählen, es gibt zig Anbieter von Müsli, und bei den Schokoriegeln sieht’s genauso aus. Denken wir. Denn hinter der vermeintlich breiten Angebotspalette steckt nur eine Handvoll Anbieter.
"Letztendlich bildet sich eine Vielfalt im Regal ab, die aber eigentlich gar keine wirkliche Vielfalt ist."
Laut dem neuen Konzernatlas, der unter anderem von der Heinrich-Böll-Stiftung, der Linken-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung, OXFAM und dem BUND herausgegeben wird, teilen sich gerade einmal 50 Konzerne den Weltmarkt in der Ernährungs- und Agrarindustrie. Tendenz steigend.
Wenn Bayer Monsanto übernimmt, kontrolliert das Unternehmen künftig ein Drittel des weltweiten Marktes für kommerzielles Saatgut und ein Viertel für Pestizide, heißt es in der Studie.
"Es sind ganz wenige Anbieter, die zunehmend auch von immer weniger Bauernhöfen kaufen", sagt Christine Chemnitz, Referentin für internationale Agrarpolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung. Das sei zum einen für die Bauern schlimm. Denn die können dann immer weniger auswählen, welches Saatgut sie von wem kaufen, sagt Christine Chemnitz. Außerdem bekommen sie keine guten Preise mehr für ihre Produkte, weil sie keine große Auswahl haben, an wen sie verkaufen.
50 bis 90 Prozent Marktkontrolle
"Es ist auch schwierig für Konsumenten, weil die Wahlfreiheit derjenigen eingeschränkt wird, die immer in denselben großen Supermarktketten und Produkte von denselben Konzernen einkaufen müssen", sagt Christine Chemnitz. Bei manchen Produkten wie Frühstücksflocken, Suppen oder Süßwaren kontrollieren die vier größten Hersteller zwischen 50 und 90 Prozent des Marktes, heißt es in dem Atlas.
Und diese Marktkontrolle durch wenige Konzerne hat der Studie zufolge auch Einfluss auf politische Machtstrukturen.
"Es gibt kaum einen Sektor, der in den letzten Jahren so stark für die Klima- und Umweltschädlichkeit kritisiert wurde, und der so resistent ist für alle Formen der Veränderung."
Formen solidarischer Landwirtschaft, bei der sich Konsumenten zusammenschließen und gewissermaßen zu Co-Produzenten werden, könnten diese Strukturen zumindest ein Stück weit aufbrechen, sagt Christine Chemnitz. Daneben kann man sich natürlich auch überlegen, in welchem Supermarkt man einkaufen will. Also ob es immer der große Supermarkt nebenan sein muss, oder ob es nicht auch mal der Bioladen sein kann, der zu keiner Kette gehört.
Bessere Kennzeichnung
Wirklich erkennen, welche Produkte im Supermarkt zu welchem Konzern gehören, ist so gut wie unmöglich, sagt die Forscherin. "Was aber unbedingt passieren muss, ist, dass es eine bessere Kennzeichnung insgesamt gibt." Mit Infos zur Herstellung, der Tierhaltung oder dem gegebenen Futter, so Christine Chemnitz. "Solche Kennzeichnungen verlangt der Verbraucher, und die muss die Politik auch sicherstellen."