KonsumBloggerin: Vintage-Mode ist elitär
Secondhandläden, Flohmärkte und Vintage-Onlineshops sind Fundgruben für coole Klamotten. Eine umweltschonende Alternative zu neuer Kleidung und deshalb super, denken viele. Bloggerin und Autorin Bianca Jankovska findet dagegen: Vintage-Mode hat mehr mit Privilegien als mit Nachhaltigkeit zu tun.
Handtaschen aus den Sechzigern, Jeansjacken aus den Achtzigern und dann noch diese coolen Turnschuhe aus den Neunzigern: Ob wir Secondhand- oder Vintage-Mode gut finden, ist irgendwie Geschmackssache. Was aber für die meisten Leute klar ist: Wer gebrauchte Kleidung kauft, macht den eigenen CO2-Abdruck kleiner. Fastfashionketten sind dagegen der erklärte Feind des umweltbewussten Menschen. Aber retten wir mit unserem Plüschmantel vom Flohmarkt wirklich die Welt?
"Wenn gebrauchte Kleidung mehr kostet als neue, werden sich Erstere nur jene Menschen leisten können, die ihre Selbstverwirklichung auf der Fashionweek Kopenhagen ausleben.“
Bloggerin und Autorin Bianca Jankovska findet es zwar gut, wenn wir Kleidung ein zweites Leben schenken, aber sie sagt: Es hat etwas mit Privilegien zu tun, wenn wir stundenlang in Onlineshops oder coolen Vintageläden nach der perfekten, gebrauchten Jeans suchen können. Darüber hat sie in ihrem Blog Groschenphilosophin geschrieben. Häufig sei das Problem mit Vintage-Shopping, dass wir für die gebrauchte Jeans mehr zahlen, als sie neu in einer der Fastfashionketten kosten würde. Vintage sei für Fashionbloggerinnen machbar, aber nicht unbedingt für Menschen, die einen schlecht bezahlten Durchschnittsjob haben.
"Nicht jeder hat die Zeit auf Flohmärkten in Klamotten herumzuwühlen, nicht jeder hat Zeit im Internet nach der perfekten Vintagehose zu suchen, die den Style noch mal aufwertet. Manchmal geht es nur darum, sich anzuziehen.“
Vintageshopping kann auf Instagram und in Blogs toll und einfach aussehen, aber wer schon mal in einem vollgestopften Secondhandladen war, kennt das: Ein passendes, gut erhaltenes Teil zu finden, das auch noch der aktuellen Mode entspricht, kann eine Herausforderung sein. Und wenn dann nicht mal der Preis stimmt, wird aus dem eigentlich so nachhaltigen Kaufgedanken ganz schöner Stress.
Auch der Kauf von Secondhand- oder Vintage-Mode ist Konsum
Vintageshopping kann elitär sein, sagt Jankovska. Auch, weil es voraussetze, dass wir uns kulturelle Codes angeeignet und ein gewisses Fashionbewusstsein entwickelt haben. Etwa bei Menschen, die aus Stylinggründen alte, ausgewaschene Sweater aus den Neunzigern tragen, ohne als "sozial schwach" zu gelten. Sie meint auch Leute, die gebrauchte Luxus-Designerteile kaufen, um hinterher von der Wertsteigerung zu profitieren. Das habe wenig mit dem Konsum von Durchschnittsmenschen zu tun.
"Luxury Vintage Mode ist nur für Menschen, die schon ein gewisses Fashionbewusstsein haben und sich die kulturellen Codes angeeignet haben. Die wissen, ich kann in dieser Saison ausgewaschene Sweater tragen, mich wird aber niemand für sozial schwach halten.“
Für Bianca Jankovska wäre es das Beste, wenn wir gar nichts mehr kaufen würden, weder Vintage noch neu. Denn Konsumverzicht sei deutlich nachhaltiger als in Secondhandläden zu gehen. So ein Verhalten ist von der Realität weit entfernt: In Deutschland kauft jeder Mensch jährlich fast sechzig neue Kleidungsstücke – und das, obwohl viele von uns wissen, dass wir eigentlich Ressourcen sparen sollten.
Jankovska schlägt vor, Klamotten mit Freundinnen und Freunden zu tauschen statt welche zu kaufen. Denn shoppen an sich sei nun mal nicht nachhaltig.