KommunikationWarum wir immer noch ghosten
Ghosting bedeutet erst mal Ruhe und dann ein schlechtes Gewissen. Marie kennt das – als Täterin und als Betroffene. Mit den allgemeinen Motiven für das Ghosten kennt sich die Paartherapeutin Mashaal Omary aus.
Ihre Freundschaft dauerte ungefähr einen Sommer. Irgendwann hat Marie sie vertröstet und persönliche Verabredungen herausgezögert und schließlich dieser Freundin einfach überhaupt nicht mehr geantwortet. Zum Schluss hat Marie auch auf einen konkreten Terminvorschlag für ein Treffen nicht reagiert. Sie hat ihre Freundin geghostet, die Verbindung zwischen ihnen beendet, ohne es zu sagen oder zu schreiben. Auch ohne es zu begründen. Marie hat sich ein bisschen vor der Reaktion gefürchtet.
"Ich hatte Angst, dass dann irgendwie ein Konflikt entsteht, dass sie wütend wird oder weint oder irgendwie einfach eine sehr starke emotionale Reaktion kommt."
Seitdem sind sich beide nicht mehr begegnet. Sie haben keinen gemeinsamen Freundeskreis, Marie studiert, ihre geghostete Ex-Freundin nicht. Ghosten auf Dating-Apps findet Marie nicht so schlimm. Diese etwas größere Sache mit ihrer ehemaligen Freundin stört sie aber im Nachhinein doch.
Marie hat ihr Ghosting im Nachhinein vor sich selbst gerechtfertigt: Die Freundschaft habe ihr nicht gutgetan. Diese Freundin habe immer negativ über Student*innen geredet. "Nichts super Schlimmes, einfach so Kleinigkeiten", sagt Marie.
Ghosting ist ein Alltagsphänomen
Mashaal Omary ist Paartherapeutin. Ghosting ist für sie ein Alltagsphänomen, vor allem bei Menschen, die Dating-Apps nutzen. Sie empfiehlt sich selbst bewusst zu werden, warum Ghosting eine Option ist und dann ehrlich zu kommunizieren, statt die Kommunikation abzubrechen.
"Dann wäre es gut, wenn man einen Satz formuliert, der wertschätzend ist und dann eben eine Absage erteilt", rät Mashaal Omary. Für sie sind es im Wesentlichen drei Gründe, warum Menschen ghosten:
- die Scheu vor Konflikten
- ein Mangel an Selbstwertgefühl, fehlender Mut
- narzisstische Tendenzen, Ghosting als Machtmittel
Statt Ghosting empfiehlt sie, aktiv einen respektvollen, höflichen und möglichst freundlichen Schlusspunkt zu setzen. Sie kann sich das folgendermaßen vorstellen: Ich habe einfach gemerkt, dass passt nicht. Ich wünsche dir alles Gute.
"Es kann sein, dass man konfliktscheu ist und den Konflikt übergehen möchte, indem man sich nicht meldet, sich versteckt und tot stellt."