Klinische ForschungViele Studienergebnisse landen in der Schublade
Viele klinische Studien werden in Europa nicht in den entsprechenden Datenbanken dokumentiert und damit öffentlich gemacht. Das steht in einem Bericht der Uni Oxford und der Nichtregierungsorganisation Transparimed. Für die Erforschung und die Behandlung von Krankheiten wäre das zum Teil aber wichtig und effizienter.
Die Niederlande zählen zu den Negativ-Spitzenreitern, wenn es darum geht, Studienergebnisse für andere Forschende zugänglich zu machen. Nur zehn Prozent der Forschungsresultate bis 2015 wurden veröffentlicht. In Italien und Frankreich sind es 17 Prozent und in Spanien 19 Prozent. Das stellte ein Bericht der Universität Oxford und der Nichtregierungsorganisation Transparimed fest.
Mit 44 Prozent steht Deutschland vergleichsweise gut da. So hoch ist der Anteil der klinischen Ergebnisse, die in der EudraCT-Datenbank der Europäischen Union dokumentiert werden. Viele genehmigte Arzneimittel-Studien werden allerdings im Vorhinein schon gar nicht in die Datenbank eingetragen und fehlen damit komplett.
"Vielleicht, weil man nicht so gerne zu negativen Ergebnissen stehen will. Also wenn sich bei einer Studie rausstellt, dass ein Wirkstoff nicht funktioniert."
Für andere Forschende, Unternehmen, Ärztinnen und Ärzte oder die Patienten bedeutet das nicht nur, dass sie sich nicht darüber informieren können, zu welchem Ergebnis eine Studie zu einem bestimmten Medikament gekommen ist. Vielmehr noch, es bedeutet, dass sie nicht wissen, dass es überhaupt Forschung dazu gab.
Doppelt und dreifach erforschte Medikamente
In Deutschland fehlen laut dem Bericht der Uni Oxford und Transparimed geschätzt mehr als 500 Studien in der Datenbank, die bis 2015 genehmigt wurden – das ist der fünfte Platz hinter Frankreich, den Niederlanden, Spanien und Italien.
Das kann in manchen Fällen dazu führen, dass zu bestimmten Medikamenten doppelt oder dreifach geforscht wird, ohne dass die Forschenden voneinander wissen.
Woran es genau liegt, dass zu wenige Studien in die Datenbanken Eingang finden, ist nicht ganz klar. Möglicherweise daran, dass Forschende kein Interesse daran haben, Studien zu veröffentlichen, die zeigen, dass manche Medikamente doch nicht die erwartete Wirkung gezeigt haben, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anne Tepper.
Zum anderen kann es auch daran liegen, dass es kompliziert ist, die Studienergebnisse verfügbar zu machen, weil sie alle einzeln per Hand eingetragen werden müssen.
Inhaltlich und finanziell ineffizient
Dass die klinischen Studien in die Datenbank Eingang finden, ist für den Austausch zwischen Forschenden wichtig. Werden sie nicht dokumentiert und zugänglich gemacht, können Forschende weniger über die Arbeit ihrer Kolleginnen und Kollegen erfahren.
Das kann sich auch finanziell auswirken: Wenn unterschiedliche Forschungsgruppen dieselben Fragen erforschen, könnte das bedeuten, dass Gelder nicht effizient genutzt werden – zumal Studien teils auch mit Steuergeldern finanziert werden.
Nachteil für Erkrankte
Dass Forschende und Ärzte und Ärztinnen über die Wirksamkeit oder mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten informiert sind, ist auch für Erkrankte sehr wichtig. Vor allem für diejenigen, deren Leben davon abhängt.
Laut dem Report der Uni Oxford und auch einer der deutschen Aufsichtsbehörden, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), ist es verpflichtend, die Ergebnisse spätestens ein Jahr nach Abschluss der Studie in der EU-Datenbank zu veröffentlichen. Das wird bisher allerdings von niemandem kontrolliert.
Dafür zu sorgen, dass die Studienergebnisse zugänglich gemacht werden, ist Aufgabe nationaler Behörden. In Großbritannien wurden durch den Druck den die Medien und die Politik ausgeübt haben, inzwischen mehr Studien gemeldet.