Klimagerechte ArchitekturStädte an die Hitze anpassen
Straßen und Fassaden heizen sich in unseren Städten bei hohen Temperaturen stark auf. Durch ein paar bauliche Veränderungen können wir das verhindern.
Während die Temperatur in einem Zimmer auf der beschatteten Seite eines Hauses bei weit geöffneten Fenster noch ganz angenehm sein kann, scheinen wir gegen eine Wand aus warmer Luft zu laufen, sobald wird aus der Haustüre treten, die zur Mittagszeit in der prallen Sonne liegt.
Die Fassade und der Asphalt haben sich aufgeheizt und strahlen die Wärme ab. Wie groß der Temperaturunterschied zwischen Flächen, die im Schatten oder in der Sonne liegen, tatsächlich ist, kann Thomas Auer mit einer Infrarotkamera leicht feststellen. Er ist Professor für klimagerechtes Bauen an der Technischen Universität München.
"Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als die Anzahl der Autos in der Stadt zu reduzieren für die Klimaadaption."
Während ein zufällig zur Messung ausgewählter Bereich, der von einer Skulptur beschattet wird, bei 34 Grad Celsius liegt, also der zu diesem Zeitpunkt herrschenden Lufttemperatur entspricht, misst der Wissenschaftler an einer Stelle direkt nebendran, die direkt von der Sonne beschienen wird, 45 Grad Celsius.
Damit sich Städte nicht so stark aufheizen: Mehr Bäume, begrünte Fassaden
Mehr Schatten muss her, um die Temperatur in den Städten möglichst erträglich zu machen, sagen Thomas Auer. Sein Kollege Ferdinand Ludwig, der als Professor für Bau-Botanik tätig ist, sieht das genauso. Er sagt, dass der Baumschatten der angenehmste sei.
Das liegt daran, dass der Baum an sich eine kühle Oberflächentemperatur hat. Er reflektiert die Hitze nicht und ist aus diesem Grund auch nie wärmer als die Luft. Dadurch sei es beispielsweise viel angenehmer unter einem Baum zu sitzen als unter einem Sonnenschirm, sagt der Professor für Bau-Botanik.
"Eine grüne Fassade schafft es wie der Baum, dass wir etwa die Lufttemperatur an der Fassade als Oberflächentemperatur haben."
Die thermische Wirkung der Gebäude auf den Stadtraum wurde bislang beim Bauen kaum berücksichtigt, sagen beiden Architekten. Deswegen sehen die Städte heute so aus, wie sie aussehen. Dass sich das künftig ändern muss, ist für die beiden Architekten keine Frage.
Mehr Bäume in den Städten zu pflanzen, ist für Thomas Auer eine der naheliegendsten Optionen. Dafür müssten allerdings einige der Autos aus den Städten weichen, sagt der Professor für klimagerechtes Bauen. Auch innovative Baustrukturen und Textil-Verschattungen könnten helfen, die Stadt abzukühlen, meint Auer.
Besonders interessant findet der Bau-Botaniker Ferdinand Ludwig den Ansatz, Baumbewuchs und Häuser nicht getrennt voneinander zu planen, sondern die schattenspendenden Pflanzen gleich in die Architektur zu integrieren.
"Das ist eine Straße ohne Bäume. Da sind die massiven Wände, die voll in der Sonne angestrahlt werden. Der Killer: 60 Grad! Mit einer bewachsenen Fassade wären wir jetzt bei 33 Grad."
Eine weitere Möglichkeit sind begrünte Häuserfassaden. Durch eine grüne Fassade gelingt es, dass die Oberflächentemperatur nicht höher ansteigt als die Lufttemperatur. An einer grünen Fassade vorbei zu laufen, sei viel angenehmer, da wir nicht warm angestrahlt werden, wie es beispielsweise bei erhitzten Glas- oder Metallfassade der Fall ist, sagt Ferdinand Ludwig.
Mehr Grün erfordert mehr Wasser
Um die Temperatur in den Städten durch mehr Bäume und begrünte Fassaden regulieren zu können, werden wir allerdings künftig auch mehr Wasser benötigen, sagt der Professor für Bau-Botanik Ferdinand Ludwig.
Deswegen sei es auch nötig, in den Städten künftig anders mit Wasser umzugehen. Beispielsweise Wege zu finden, das Grauwasser, das aus Duschen und Waschmaschinen abfließt, aufzufangen und aufzuarbeiten, um es beispielsweise zur Bewässerung der städtischen Pflanzen zu nutzen.
"Da gibt es den Ansatz der Schwammstadt, das heißt, dass wir versuchen das ganze Wasser aufzusaugen: Wir werden nicht um ein Wassermanagement herumkommen und wir müssen uns neuen Quellen erschließen."
Die Städte komplett umzubauen, ist weder realistisch noch notwendig. Aus Sicht der beiden Architekten gibt es viele Möglichkeiten, die sich durch entsprechende Planung leichter umsetzen lassen und dafür sorgen, dass die Hitze in den Städten besser reguliert werden kann.