KlimaschutzzieleIndustrieländer sollten noch mehr CO2 reduzieren
Alle fünf Jahre müssen die Länder ihre Klimaschutzziele nachschärfen. Das haben sie im Pariser Klimaabkommen vereinbart. Laut Wolfgang Obergassel vom Wuppertal Institut gehe die Entwicklung in die richtige Richtung, aber Deutschland oder die USA könnten noch mehr CO2 einsparen, als angekündigt. Das würde auch den Schwellenländern helfen.
2021 ist ein entscheidendes Jahr im Bereich internationale Klimaschutzpolitik, weil alle Staaten der Welt ihre Klimaschutzbeiträge nachschärfen sollen, sagt Wolfgang Obergassel. Er ist Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.
Pro-Kopf-CO2-Emissionen der Industrienationen am höchsten
Das wurde beim Pariser Klimaschutzabkommen 2015 vereinbart, dem die Länder damals beigetreten sind und dort auch erste Beiträge vorgelegt haben. Allerdings, so Wolfgang Obergasse, waren und sind die Klimaschutzbeiträge noch viel zu gering, um die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen.
"Die Klimaschutzbeiträge waren und sind zu schwach, um tatsächlich diese Ziele zu erreichen, die im Pariser Abkommen festgehalten worden sind."
Wesentliches Ziel ist, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten, am besten wäre, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Dafür haben die Länder verabredet, alle fünf Jahre darzulegen, wo sie stehen und was sie erreicht haben.
Den größten Anteil am Ausstoß der weltweiten Treibhausgasemissionen haben – historisch betrachtet – die Industrieländer in Europa und Nordamerika.
"Historisch betrachtet haben die Industrieländer den weitaus größten Anteil an den Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre verursacht."
Langsam ändere sich dieses Verhältnis durch das wirtschaftliche Aufholen der Schwellenländer wie China, Indien und andere, erklärt Wolfgang Obergassel. Heute haben diese Länder auch hohe Emissionen. Schaut man sich die Pro-Kopf-Emissionen an, dann liegen immer noch Europa und Nordamerika weit vor China und Indien.
Zum Vergleich: Die Pro-Kopf-Emission in Deutschland liegt zehnmal höher als in Indien, bei den USA beträgt das sogar das zwanzigfache.
Auch Schwellenländer müssen stärker zum Klimaschutz beitragen
Auch wenn die Industriestaaten im besonderen Maße gefordert sind, wird der internationale Klimaschutz auch von stärkeren Maßnahmen in China oder Indien abhängen. Diese Schwellenländer werden in den nächsten Jahren noch weiter versuchen, die Grundbedürfnisse in der Bevölkerung zu decken wie Wohnen, Mobilität oder Infrastruktur.
"Damit die Schwellenländer sich entwickeln können, müssen die Industrieländer sozusagen Platz machen, indem sie ihre Emissionen möglichst schnell senken."
Mit der wirtschaftlichen Entwicklung stehen die Schwellenländer gleichzeitig vor der Herausforderung, ebenfalls ihre Emissionen auf lange Sicht zu senken. Vieles, was jetzt schon für den Klimaschutz notwendig ist, sollte sowieso schon gemacht werden, sagt Wolfgang Obergassel – "selbst wenn wir kein Klimaproblem hätten."
Wirtschaftliche Vorteile durch Klimaschutz
So haben zum Beispiel Erneuerbare Energien für Schwellen- und Entwicklungsländer den Vorteil, dass sie günstiger Strom erzeugen als durch fossile Quellen. Gleichzeitig fällt mit den Erneuerbaren Energien die lokale Luftverschmutzung weg. "Das ist ja auch ein ständiges Problem in den Ländern wie in China der Smog", erklärt Wolfgang Obergassel. Außerdem bleibt die Wertschöpfung bei den Erneuerbaren Energien im eigenen Land, also ein doppelter wirtschaftlicher Effekt.
Länder wie Brasilien, die Türkei oder Mexiko haben laut Wolfgang Obergassel eine durchschnittliche Pro-Kopf-Emission. Aufgrund der Bevölkerungsgröße seien die Emissionsbeiträge deshalb nicht gering. Daher sei es auch wichtig, dass sich diese Länder stärker um eine Reduktion bemühen.
Deutschland könnte noch mehr CO2 reduzieren
Die deutschen Bemühungen beim Klimaschutz hätten sich deutlich verbessert, meint Wolfgang Obergassel. Deutschland habe für sich ein Reduktionsziel von 65 Prozent der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 festgelegt. Innerhalb der EU sei das ein stärkeres Ziel, die für sich ein Ziel von 55 Prozent weniger CO2 bis 2030 ausgegeben habe.
Wolfgang Obergassel sagt, dass das insofern gerechtfertigt sei, weil Deutschland innerhalb der EU ein wirtschaftlich starker Staat sei und somit auch mehr beitragen könnte. Allerdings ist er der Ansicht, dass Deutschland durchaus noch einmal 10 bis 15 Prozent mehr einsparen könnte.
"Die Vorbildrolle hat Deutschland schon vor Längerem verspielt. Wir könnten schon deutlich weiter sein, wenn der Energiepolitik nicht Knüppel zwischen die Beine geworfen worden wären."
Die Energiewende ist in den letzten zehn Jahren massiv ausgebremst worden, sagt Wolfgang Obergassel. Deshalb habe Deutschland auch seine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz inzwischen verspielt. Hinzu kommt: Dadurch sind tausende Arbeitsplätze in der Erneuerbaren Energien-Branche verlogen gegangen. "Das ist weltweit durchaus wahrgenommen worden", sagt Wolfgang Obergassel.
Industrienationen für Schwellenländer mehr Emissionen einsparen
Für die internationale Klimaschutzpolitik und auch als Hilfe für die Schwellenländer sei wichtig, dass die Industrienationen noch stärker ihre Emissionen reduzieren. Die USA und die EU haben ihre Klimaziele verschärft, diese sind aber immer noch nicht ausreichend, sagt Wolfgang Obergassel.
Aufgrund ihrer historischen Verantwortung und ihrer wirtschaftlichen Leistung müssten die Industrienationen mindestens um mehr als die Hälfte ihre Emissionen reduzieren. Das würde den Schwellenländern etwas Luft verschaffen, ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen, sagt Wolfgang Obergassel.
"Ich bin optimistisch, dass das klappen kann. Es ist zwar noch zu wenig, aber man sieht, dass die Dynamik in die richtige Richtung geht."
Der Optimismus von Wolfgang Obergassel nährt sich dadurch, dass die Klimaziele in den einzelnen Ländern verschärft wurden, weltweit der Ausbau der Erneuerbaren Energien immer weiter zunimmt und auch die E-Mobilität im Vergleich zu Verbrenner-Modellen immer konkurrenzfähiger wird. "Aber man muss am Drücker bleiben."
"Politisch hat sich einiges getan, nicht zuletzt durch Fridays for Future."