Landwirtschaft und NaturKlimaschutz: CO2-Kompensation durch Humus im Boden
Carbon Farming ist ein neuer Ansatz, mit dem Treibhausgas-Emissionen in einem humusreichen Untergrund gebunden werden. Indem Landwirte Zertifikate für gebundene Emissionen verkaufen, können sie zum Klimaschutz beitragen.
Mit den sogenannten CO2-Zertifikaten können wir uns gewissermaßen vom schlechten Gewissen freikaufen, das wir haben, wenn wir – zum Beispiel – eine Flugreise machen. Das System steht in der Kritik, trotzdem floriert der Handel mit Zertifikaten weiterhin, und es entwickeln sich auch neue Spielarten.
Ein neuer Ansatz: Carbon Farming. Dabei wird der Boden so bearbeitet, dass er Humus aufbaut. Humus kann CO2 aus der Luft binden. Landwirt*innen machen sich diese Klimaschutzleistung zunutze, indem sie Zertifikate für die gebundenen Emissionen verkaufen.
Keine Pestizide, kein Dünger
Landwirt Robert Künne nutzt die Eigenschaften der Natur in seinem Job. Auf seinen Feldern nördlich von Leipzig sollen Getreide und Hülsenfrüchte in biozyklisch-veganer Anbauweise gedeihen. Er kommt ohne Pestizide, Kunstdünger und Dung aus und verzichtet auf schwere Bodenbearbeitung wie den Pflug.
"Auf den Feldern von Robert Künne wächst keine Pflanze in Monokultur. Diese Anbauweise fördert den Aufbau von Humus – eine fruchtbare und wertvolle Bodenschicht."
CO2-Emissionen durch Humusaufbau zurückholen
Geoökologe Axel Don vom Thünen-Institut, einem Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, erklärt, dass Humus mikrobieller Schleim ist: "Hummus enthält Überreste von Mikroorganismen", sagt er. Humus sei demnach für die Fruchtbarkeit des Bodens zentral. Nebenbei kann die Masse aber auch Positives für das Klima bewirken.
"Wir haben Emissionen, die sind schon in der Atmosphäre und die können durch Humusaufbaumaßnahmen wieder zurückgeholt werden: Negative Emissionen."
Der Fachmann beschreibt die klimaschutzfördernde Landwirtschaft namens Carbon Farming: Ein humusreicher Boden bindet dabei CO2 aus der Luft. Diese Leistung können sich Landwirt*innen anrechnen lassen – indem sie Zertifikate für die gebundenen Emissionen verkaufen.
Es gibt Firmen, die den CO2-Handel für Bäuerinnen und Bauern organisieren. So soll dafür gesorgt werden, dass sich mehr Landwirt*innen für die weniger ertragreiche, aber klimaschonende Anbauweise begeistern.
Humus kann auch verloren gehen
Die Geschäftsführerin einer solchen Firma erklärt, dass Bauern für die weniger wirtschaftliche Arbeit finanziell entschädigt werden müssen – schließlich tun sie etwas für das Klima und helfen so, unser Leben auf dem Planeten zu sichern.
Sie rechnet damit, dass jedes Jahr pro Hektar 2,5 Tonnen CO2 gebunden werden können. Geoökologe Axel Don vom Thünen-Institut weist jedoch auf Schwächen des Systems hin, weil Humus auch wieder verloren gehen kann – und dann die Emissionen wieder in die Atmosphäre gelangen.
"Wenn wir Humus aufbauen, ist der nicht für immer gespeichert, sondern kann auch wieder verloren gehen, insbesondere, wenn wir aufhören, Humusaufbaumaßnahmen durchzuführen."
Durch Bodenproben nach fünf Jahren sollen diese Unsicherheiten bei Landwirt*innen abgefangen werden. Dass es in der Landwirtschaft mehr Humusböden braucht, steht für Axel Don vom Thünen-Institut außer Frage. Denn: In diesem Bereich gibt es Emissionen, die sich nicht vermeiden ließen – wie das Methan bei Kühen: "Diese Prozesse können wir nicht vollständig vermeiden und ausschalten. auch in Zukunft werden wir noch Emissionen haben."
Da das Ziel Netto-Null Emissionen ist, könne Humus-Aufbau laut Axel Don aber einen Beitrag leisten, um völlig unvermeidbare Emissionen zu kompensieren. Auch der Zertifikate-Handel kann dabei helfen, denn er bietet Landwirt*innen Anreize, um den kostbaren mikrobiellen Schleim im Boden wachsen zu lassen und so das Klima zu schützen – und dabei auch noch zu verdienen.