NahrungsmittelproduktionAnbau von Algen kann Landwirtschaft entlasten
Würden wir in 10 Prozent unserer Ernährung Algen nutzen, könnte dadurch die landwirtschaftliche Nutzung um Millionen von Hektar in Europa verringert werden. Das hilft dem Klima, weil ein hoher Anteil an Treibhausgasen aus der Landwirtschaft stammt.
Noch ist die Algenproduktion in Europa nicht besonders groß. Aktuell werden vor allem wild wachsende Algen geerntet. Dabei gelten Algen als Superfood und lassen sich allem möglichem beimischen: als Gelatine-Ersatz, in Tierfutter, Biosprit oder Kosmetik. Aber Algen könnten noch viel mehr, haben Forschende aus Australien und Österreich mit einer Studie herausgefunden, die sie in der Fachzeitschrift Nature Sustainability veröffentlicht haben.
Raus aus der Landwirtschaft - rein in die Algenzucht
Würden wir bis zum Jahr 2050 in 10 Prozent unserer Ernährung Algen nutzen, würde sich der Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen für Nahrungsmittel um 110 Millionen Hektar verringern. Das entspricht einer Fläche, die doppelt so groß ist wie Frankreich. Diese Fläche könnten wir der Natur überlassen, damit der Artenvielfalt helfen und gleichzeitig Treibhausgasemissionen reduzieren.
In Deutschland liegt der Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen laut Thuenen-Institut 2020 bei 7,7 Prozent. Wichtig ist aber, auf die Methan-Emissionen zu schauen: Rund 65 Prozent der gesamten Methan-Emissionen in Deutschland stammen laut Umweltbundesamt aus der Landwirtschaft. Methan ist um ein vielfaches klimaschädlicher als Kohlendioxid (CO2). Hinzu kommen die ebenfalls äußerst schädlichen Lachgas-Emissionen. 77 Prozent beträgt der Anteil der Landwirtschaft an den Lachgas-Emissionen in Deutschland.
Algenindustrie in Europa ankurbeln
Auch die Europäische Kommission hat das Algenpotenzial entdeckt und 2022 die Plattform EU4Algae gestartet, um die Algenindustrie in Europa voranzutreiben. Noch kommt die Algenindustrie in Europa nur schleppend voran. Für den kommerziellen Anbau im Meeresbereich empfehlen die Forschenden Indonesien, Australien, Südostasien und Mittelamerika. In diesen Bereichen wäre es möglich, 30 Algenarten anzubauen.
Eine Algenart hat ganz besonderes Potenzial für die Landwirtschaft: Die Rotalge, wissenschaftlich Asparagopsis, wächst vor allem rund um Australien. Wird sie dem Futter beigemischt, pupsen Schafe und Kühe weniger, sprich: Sie stoßen weniger Methan aus und zwar 90 bis 95 Prozent weniger.
"Die Alge Asparagopsis, das ist eine Rotalge, die vor allem rund um Australien wächst, ist in den letzten Jahren intensiv erforscht worden, weil sie dafür sorgt, dass Schafe und Kühe weniger Methan pupsen."
Laut Forschenden liegen die Methangas-Emissionen von Wiederkäuern in Australien bei 10 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen des Kontinents. Deshalb werden dort pro Kuh bereits 50 Gramm Rotalge ins Futter gemischt, das würde bereits ausreichen. Würde das weltweit so gemacht werden, könnten 2,6 Milliarden Tonnen Treibhausgasemissionen eingespart werden. Das entspricht ungefähr den Emissionen von ganz Indien.
Bei Algenzucht auf Nachhaltigkeit achten
Neben all dem Potenzial, das die Algen für den Klimaschutz bieten, warnen die Forschenden vor einer intensiven Algenbewirtschaftung der Meere. Zum einen werden Algen im Meer derzeit noch auf Plastikseilen gezüchtet, die wiederum Mikroplastik an das Meer abgeben können. Für einen Anbau im großen Stil sollte laut Forschenden deshalb ein anderes Material für die Zucht gefunden werden. Außerdem sehen sie die Gefahr für eine Störung des Gleichgewichts der Meeresökosysteme und der Wasserbewegung an den Küsten.
Auch das Informationsportal Ökolandbau warnt vor den negativen Auswirkungen des Algenanbaus. So gibt es auch bereits eine EU-Öko-Verordnung, um die Umwelteinflüsse des Algenanbaus zu begrenzen. Negative Auswirkungen ließen sich bereits in Teilen Asiens beobachten: Nährstoffarmut im umgebenden Gewässer durch zu dichten Anbau, erhöhtes Risiko von Krankheitserregern.
Algenanbau an Land
Neben dem Anbau im Meer gibt es aus Algenzuchtanlagen an Land. Ein Start-up in Berlin hat sich einen Photobioreaktor an der Fassade montiert und produziert dort ein Kilo Mikroalgen am Tag, die für die Nahrungsmittelproduktion verwendet werden können.