KlimabewegungLetzte Generation: "Ungehorsame Versammlungen" statt Kleben
Statt sich auf die Straße zu kleben, wollen die Aktivisten der Klimabewegung Letzte Generation künftig anders für mehr Klimaschutz demonstrieren. So wollen sie mehr Leute gewinnen, um bei den Aktionen unter dem Motto "Widerstandsfrühling" mitzumachen.
Mit ihren Aktionen "Widerstandsfrühling" Mitte März hat die Klimabewegung Letzte Generation zum ersten Mal seit Längerem wieder mehr Aufmerksamkeit in den Medien bekommen. Das sei für die Bewegung erst einmal gut, meint Vincent August, der an der Humboldtuniversität in Berlin die Forschungsgruppe Ökologische Konflikte leitet und unter anderem zur Letzten Generation forscht.
Klimaprotest: Ungehorsam, aber friedlich
Allerdings hat die Letzte Generation nicht ihr Ziel erreicht, möglichst viele Menschen für ihre Aktionen zu gewinnen, stellt Vincent August fest. In Berlin haben sich laut Polizeiangaben 125 Menschen am "Widerstandfrühling" beteiligt. Kern der Aktion sind "ungehorsame Versammlungen", die ungehorsamer ablaufen sollen als angemeldete Demos, aber vollkommen friedlich.
Für diesen Strategiewechsel – weg vom Kleben hin zu Versammlungen – sieht Vincent August zwei Gründe:
- Die Letzte Generation folgt damit einem Plan, wie sich soziale Bewegungen strategisch aufstellen sollen. Aktuell befindet sie sich auf einer Stufe, auf der sie sich von konfrontativen Taktiken hin zu Protestformen entwickelt, die massenverträglich sind und mit denen sich mehr Menschen mobilisieren lassen.
- Erleben die Aktivist*innen der Letzten Generation nach zwei Jahren kleben eine Erschöpfungsdynamik. Sie sind erschöpft und die mediale Aufmerksamkeit hat stark nachgelassen.
"Die mediale Aufmerksamkeit ist drastisch zurückgegangen, sodass sie strategisch etwas ändern mussten."
Die "ungehorsamen Versammlungen" sind als Protestform nicht neu. Es handelt sich um übliche Proteste, die meist nicht angemeldet sind, sagt Vincent August. Die Letzte Generation habe diese aber unter dem Label "ungehorsame Versammlungen" gut verkauft. "Und darin ist die Gruppe generell sehr gut", sagt der Sozialwissenschaftler.
Was Letzte Generation und Fridays for Future unterscheidet
Trotz des Strategiewechsels unterscheidet sich die Letzte Generation immer noch deutlich von der Klimabewegung Fridays for Future. Die Letzte Generation wolle sich ihren Markenkern als widerständigen Teil der Klimabewegung erhalten, meint Vincent August.
Während Fridays for Future sich mehr in der Mitte der Gesellschaft verorten will und mit anderen Organisationen wie Gewerkschaften Bündnisse schließt. Ziel sei es, so eine immer breitere Unterstützung in der Gesellschaft zu erreichen. Ein solches Bündnis gibt es beispielsweise mit der Gewerkschaft Verdi oder mit politischen Gruppen gegen Rechtsextremismus.