Mediale BerichterstattungWenn der Klimawandel zu nerven beginnt
Meldungen rund um das Thema Klimawandel bestimmen schon lange die tägliche Berichterstattung. Kann es eigentlich ein Zuviel an medialer Berichterstattung geben? Brauchen wir nicht auch mal Luft zu atmen? Unser Reporter Stephan Beuting ist der Frage nachgegangen.
Der Weltklimabericht, schmelzende Polkappen und der Meeresspiegelanstieg, das 1,5 Grad-Ziel und nächste Woche fährt Gretha Thunberg mit einem Boot nach Amerika – auch diese Woche bestimmt das Thema Klimawandel wieder unsere Berichterstattung. Mit dem Klimawandel, sagen Forscher, nehmen Starkregenereignisse zu und damit Überschwemmungen. Auf medialer Ebene sieht es so aus, als spüle der Klimawandel schon jetzt alle anderen Themen weg, denkt sich unser Reporter und fragt sich: "Brauchen wir nicht mal eine Pause zum Luftholen?"
Rund 1.300 Menschen sind zum "Fridays for Future"-Protest in Bonn (09.08.19) zusammengekommen. Hier ist man sich einig: Nein, meint zum Beispiel Anna: "Ich finde, es muss in allen Köpfen ankommen, dass jetzt eine Krise ist und dass, wenn wir noch auf dieser Welt leben wollen, dass wir was tun müssen. Und es ist nicht übertrieben, wenn das Tag für Tag in den Medien kommt."
Verdrossenheit durch Überforderung
Es überrascht vielleicht nicht, dass es für die Klimaktivisten in Bonn kein Zuviel an medialer Berichterstattung gibt. Grundsätzlich könne aber eine Verdrossenheit eintreten, so die Kommunikationsforscherin Katharina Kleinen-von Königslöw. Und die speise sich aus einer zu groß wahrgenommenen Bedrohung und Überforderung und dem Gefühl von Machtlosigkeit.
"Verdrossenheit kann sich aus einer zu groß wahrgenommenen Bedrohung und Überforderung speisen und so einem Gefühl, es ist immer nur das Gleiche, es ändert sich nichts, so einem Gefühl von Machtlosigkeit."
Ende Juli gab es einen Kommentar von Lorenz Beckhardt in den Tagesthemen. Der Journalist erzählte von einer Urlaubsreise mit dem Flugzeug und einem Grillabend. Er thematisierte seine eigene Verantwortung, künftig mehr darüber nachzudenken und eventuell darauf zu verzichten. Die Reaktion: ein heftiger Shitstorm. In den Medien herrsche ein Selbstkasteiungs-Überbietungswettbewerb, so die Reaktionen.
Wenn uns Menschen zu sehr ein schlechtes Gewissen eingeredet werde, dann könne das tatsächlich relativ schnell umschlagen, meint die Kommunikationsexpertin. Und hätten wir erstmal herausgefunden, dass wir ein Thema nicht wollen, dann würden wir es stärker wahrnehmen.
"Das Problem ist, dass wenn Menschen erstmal herausgefunden haben, dass sie ein Thema nicht wollen, dann nehmen sie es auch stärker wahr."
Auf der einen Seite verstärkt sich das Gefühl, die Medien berichten nur noch über Klimawandel – und dann auch noch mit moralischem Zeigefinger. Und die Aktivisten sind auch nicht zufrieden. Denn je mehr ich eine persönliche Meinung zu einem Thema habe, desto unpassender nehme ich die Berichterstattung wahr, sagt Kleinen-von Königslöw. So zum Beispiel Luca auf der "Fridays for Future"-Demo in Bonn: "Die meisten berichten über unser Fernbleiben von der Schule und diskutieren gar nicht über unseren Inhalt."
Der Klimawandel wird uns noch die nächsten Jahre begleiten. Katharina Kleinen-von Königslöw sagt, es müsse in der Berichterstattung vor allem weniger um Eigenverantwortung des Einzelnen gehen als vielmehr um die politische Verantwortung. Das Maß und die Mitte zu finden, das sei schwer zu bestimmen, gibt sie zu.