Klima, Krieg, EnergieWarum wir demonstrieren
Dagegen muss ich protestieren! Diesen Satz hören wir in letzter Zeit häufig im Freundeskreis – ob es nun ums Klima, den Krieg oder die gestiegenen Energiekosten geht. Linda demonstriert bei Fridays for Future für mehr Maßnahmen gegen den Klimawandel. Sie erklärt, warum sie sich nach jeder Demo empowert fühlt. Protest- und Konfliktforscherin Lisa Bogerts erklärt, warum wir überhaupt auf die Straße gehen.
Im Jahr 2022 gibt es weniger gewaltsame Demonstrationen als 2020 und 2021. In dieser Zeit hatte die Corona-Pandemie zu vielen ausschweifenden Protestaktionen geführt. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet. Dennoch sind laut einer Umfrage des Wirtschaftszentrums Berlin für Sozialforschung immer noch ein Viertel der Befragten aktuell gewillt, beispielsweise gegen die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten auf die Straße zu gehen.
Aber wie kommt es eigentlich dazu, dass wir gegen etwas protestieren?
Lisa Bogerts ist Protestforscherin und erklärt, dass Protest immer eine öffentliche und kollektive Form des Widerspruchs gegen etwas ist. Beim Protestieren spielen sowohl kognitive und rationale Faktoren eine Rolle, aber auch emotionale und soziale Faktoren sind wichtig.
Eine Demonstration auf der Straße zeigt dann beispielsweise den Protest einzelner Personen sichtbar im Außen. Die Straßendemo hat ganz konkret die Funktion den Machthabenden zu zeigen, dass man da ist und mindestens ein Auge auf sie hat, erklärt Lisa Bogerts.
Gefühle auf einer Demonstration
Linda demonstriert seit drei Jahren auf den Fridays-for-Future-Demos. Auch bei den Protestaktionen gegen den Abriss des Ortes Lützerath war sie aktiv. Das letzte Mal war sie Anfang März beim globalen Klimastreik zusammen mit 230.000 Demonstranten in Deutschland auf der Straße.
"Ich fühle mich eigentlich immer empowert – egal, wie viele Menschen mit mir auf der Straße sind."
Ob jetzt viele oder wenige Menschen mit ihr zusammen demonstrieren, Linda fühlt sich nach jeder Demonstration in ihrem Protest bestätigt. Sie mag es, zusammen mit ihren Freunden für eine Sache einzustehen oder auch zusammen kleinere Protestaktionen zu planen.
Protestgefahren
Es kann aber auch vorkommen, dass eine Demonstration nicht nur das Wir-Gefühl stärkt, sondern die Stimmung negativ kippt, sagt Lisa Bogerts. Demonstrationen bestehen ja nicht nur aus Demonstrierenden, sondern auch aus Polizist*innen. Diese sind da, um die Demonstrant*innen zu schützen. Und außerdem gibt es auch noch die beteiligte Öffentlichkeit, beispielsweise in Form von Anwohner*innen. Und auch Medien, die über die Demonstration berichten.
"Eine Demo ist immer ein Zusammenspiel von Demonstrierenden, Öffentlichkeit wie Anwohnern, Polizei und auch den Medien."
Wenn zwischen diesen ganzen Akteuren negative Dynamiken entstehen, dann kann die friedliche Stimmung der Demonstration kippen, erklärt Lisa Bogerts. Auch Linda ist das schon einmal passiert. Bei der Großdemonstration in Lützerath hatte sie Angst um ihre Unversehrtheit, sagt sie selbst. Dort war die Lage aus ihrer Sicht einfach gefährlich.