KirchenstaatDie "Pippinische Schenkung" von 753

Die Macht des Vatikans ist geschwächt. Papst Stephan II. wird von den Langobarden bedroht und schlägt König Pippin III. einen Deal vor. Der Papst sichert sich so den Kirchenstaat und Pippin legt den Grundstein für die Herrschaft der Karolinger.

Mitte des 8. Jahrhunderts befindet sich Papst Stephan II. in einer misslichen Lage: Im Norden Italiens sind Langobarden sesshaft geworden, die einer Spielart des christlichen Glaubens – dem Arianismus – anhängen und dem Papst mehrfach gedroht haben. Seit dem Ende des Weströmischen Reichs 475 ist der Vatikan nicht mehr sicher im christlichen Zentrum der weltlichen Macht angesiedelt, sondern abhängig von der politischen Gemengelage auf dem europäischen Kontinent.

Deal zwischen Papst und König

Angesichts der Bedrohung durch die Langobarden wendet sich Papst Stephan II. im Jahr 753 mit einem Vorschlag an den fränkischen König Pippin III. Er, der Papst, würde die unter merkwürdigen Umständen zustande gekommene Königswürde Pippins sanktionieren, indem Stephan ihn salbt und sein Geschlecht mit dem Titel "Patricius Romanorum" auszeichnet. Dafür müsse Pippin die Langobarden schlagen und die von den Langobarden eroberten Gebiete an den Papst abtreten.

Gesagt, getan. Der fränkische König führt erfolgreich Krieg gegen die Langobarden und übergibt anschließend den Verwaltungsbezirk Rom, das Gebiet Ravenna, die Pentapolis (Rimini, Pesaro, Fano, Senigallia, Ancona) sowie Tuszien, Venetien, Istrien und die Herzogtümer Spoleto und Benevent an den erfreuten Papst. Dieser erfüllt daraufhin seine Verpflichtungen aus der Abmachung.

Kirchenstaat und Herrschaft der Karolinger

Das Geschlecht der Karolinger wird Dynastie und bringt mit Karl (dem Großen) alsbald den bedeutendsten Herrscher des europäischen Mittelalters hervor. Papst Stephan II. hat den Kirchenstaat ergattert, der damit zu einem mittelgroßen Flächenstaat wird und bis zur Gründung des Königreichs Italien 1871 existiert.

Das Dreiste an dieser Entwicklung ist, dass es die so genannte "Pippinische Schenkung" nie gegeben hat. Hinweise auf eine dementsprechende Urkunde finden sich nur in einigen Quellen des Vatikans selbst. Ein Dokument ist aber nie aufgetaucht oder von einer seriösen Quelle außerhalb des Kirchenstaates bezeugt.

"Pippinische Schenkung" ein Fake?

Das gilt übrigens auch für die so genannte "Konstantinische Schenkung", mit der der römische Kaiser Konstantin um 330 Papst Silvester und allen seinen Nachfolgern die Herrschaft über das gesamte weströmische Reich übertragen haben soll: "Usque in finem saeculi" – bis ans Ende der Zeit, also für immer!

In Eine Stunde History hört ihr:

  • Die Historikerin Elisabeth Herrmann-Otto erklärt die erste gefälschte "Schenkung" von Kaiser Konstantin dem Großen.
  • Der Historiker und Mittelalter-Experte Sebastian Scholz befasst sich mit der "Pippinischen Schenkung" des fränkischen Königs Pippin III., die ebenfalls gefälscht war.
  • Der Kirchenhistoriker Jörg Ernesti befasst sich mit den Folgen der beiden Fälschungen für die Geschichte des Vatikans.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld geht mit euch zurück in die Zeit der Konstantinischen Wende, mit der das Römische Reich nach und nach christianisiert wurde.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Nadine Kreuzahler erinnert an die so genannte Pippinische Schenkung des Jahres 753.