IndonesienProteste gegen Gesetz, das Sex vor der Ehe verbietet
Der Einfluss der konservativen Muslime in Indonesien wächst. Gleichzeitig protestieren tausende Menschen gegen ein Gesetz, über das bald abgestimmt werden könnte.
Kein Sex vor der Ehe – diese Gebot erinnert in Deutschland ans Mittelalter, in dem außerehelicher Sex mit Bußgeldern bis hin zur Todesstrafe sanktioniert wurde. Tatsächlich ist genau eine solche Regel in Indonesien derzeit im Gespräch. Der Einfluss der konservativen Muslime nimmt zu, und ein Gesetz, das außerehelichen Geschlechtsverkehr unter Strafe stellt, wäre ein Zugeständnis an die Religiösen im Land.
"Indonesien galt mal als der Inbegriff eines toleranten, weltoffenen islamischen Landes. Aber das ändert sich gerade."
Wie die Überprüfung eines Gesetzes, das außerehelichen Sex verbietet, konkret aussehen soll, ist noch nicht bekannt – ob es zum Beispiel eine Art Sittenpolizei geben soll. "Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung dieses Gesetzes steht noch aus", sagt Holger Senzel, Korrespondent für Indonesien. Trotzdem gibt es Kritik an dem Vorschlag von vielen Seiten:
- Seit Tagen protestieren in ganz Indonesien tausende Menschen, immer wieder kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Zwei Demonstranten sind gestorben.
- Auch die Tourismusbranche fürchtet negative Konsequenzen. Denn ein Kein-Sex-außerhalb-der-Ehe-Gesetz würde auch für Touristen gelten. Und die Befürchtung liegt nahe, dass einige ihre Indonesien-Reise absagen, weil sie Strafen fürchten oder einfach aus Protest gegen das Gesetz woanders hinfahren.
- Selbst für die Industrie und den Dienstleistungssektor könnte vom Gesetz betroffen sein. Holger Senzel: "Welches internationale Unternehmen kann es sich dann noch leisten, Mitarbeiter nach Jakarta zu schicken, die mit einem Partner zusammen, aber nicht verheiratet sind?"
Präsident hat keine Wahl
Der indonesische Präsident Joko Widodo wird auch als "Obama Südostasiens" bezeichnet, er gilt als Reformer. In dieser Sache hat er aber keine große Wahl, sagt Holger Senzel. Der Einfluss der konservativen Muslime wird größer, und so hat Widodo nach seiner Wahl einen erzkonservativen Imam als Vizepräsidenten installiert, um die religiöse Landbevölkerung zu besänftigen.
Ein anderer Fall zeigt den Wandel Indonesiens: Der christliche Gouverneur Basuki Tjahaja Purnama, genannt "Ahok", wurde verurteilt, weil er forderte, den Einfluss des Korans auf die Politik zu beschränken. "Lächerlich eigentlich", sagt Holger Senzel. Ahok kam dafür aber ins Gefängnis.
"Ich habe mit vielen Frauen gesprochen, die sagen: Es ist unglaublich, wie groß der Druck inzwischen ist, einen Schleier zu tragen."
Indonesien-Korrespondent Holger Senzel wagt keine Prognose für Indonesien. Er sagt: Es ist unglaublich schwierig. Der Präsident Joko Widodo könne den Protesten eigentlich nicht nachgeben. Andererseits: Sie lassen nicht nach. Die Abstimmung über das Gesetz ist nun erstmal verschoben.