Urteil in KalifornienKein Geld fürs Lösen von Captchas
Sie sollen verhindern, dass Computerprogramme Accounts oder Dienste im Netz zuspammen - Captchas. Wer die kryptischen Zeichen entschlüsselt, hilft damit aber auch den mächtigen Internetkonzernen beim Bücherscannen - für lau.
Wahrscheinlich hat jeder von uns in seinem Online-Leben schon dutzende oder sogar hunderte Captchas gelöst. Die kleinen Rätsel, die auf vielen Webseiten verwendet werden, bevor ein Account eingerichtet oder in einem Blog etwas gepostet werden darf. Die Idee dabei: Captchas sollen verhindern, dass automatische Programme, sogenannte Bots, Accounts einrichten oder Blogs und Kommentarspalten zuspammen.
Die Rätsel sind für Menschen relativ leicht zu lösen, für einen Computeralgorithmus aber nur sehr schwer. Wer ein Captcha löst, beweist sozusagen, dass er ein Mensch ist.
Frau will für das Lösen eines Captchas Geld haben
Jetzt hat eine Frau in den USA Google verklagt - weil sie für das Lösen von Google-Captchas Geld sehen wollte. Wie sie auf diese Idee kam? Die von Google verwendeten Captchas, zum Beispiel beim Einloggen in Google Mail, haben eine Besonderheit. Es gibt dort zwei Wörter, meist englische Begriffe, die oft wellenförmig geschwungen sind, manchmal auch durchgestrichen - kurz: irgendwie krakelig.
Eigentlich ist schon lange bekannt: Für den erfolgreichen Zugang reicht es schon, das erste Wort, das auch meistens schwieriger zu lesen oder ein Fantasiebegriff ist, einzugeben. Das zweite Wort ist sozusagen eine Bonusaufgabe.
"Was die Unternehmen beruhigen kann: Die Richterin hat gesagt, dass es den Fairnessgedanken beim Captcha gibt."
Wer das Gefühl hat, die Zeichen sähen irgendwie aus wie aus einem schlecht gedruckten und schlecht eingescannten Buch, liegt damit absolut richtig. Der Hintergrund: Beim Dienst Google Books werden neben aktuellen Titeln auch Bücher aus Bibliotheken und Archiven digitalisiert - vollautomatisch mit speziellen Scannern. Anschließend läuft eine OCR drüber - eine automatische Buchstabenerkennung.
Das funktioniert normalerweise ganz gut, aber gerade bei alten Büchern gibt es jede Menge Wörter, bei denen der Algorithmus scheitert oder zumindest unsicher ist - und genau solche Wörter blendet Google an zweiter Stelle bei den Captchas ein.
Die Klage ist gescheitert
Und so ist die Klägerin aus den USA zum Schluss gekommen: Ich helfe Google beim Bücherscannen, schufte also unentgeltlich für einen Milliardenkonzern - auch wenn es nur zwei Sekunden dauert.
Letztlich nutzen die menschlichen Helfer dem Business von Google oder anderen Unternehmen, die auf die gleiche Idee setzen. Es wird also eine Aufgabe an die Crowd outgesourct - für lau.
Trotzdem ist die Klage gegen Google gescheitert. Eine Richterin in Kalifornien hat entschieden, es läge kein ein "Betrug" von Google vor, wie das in der Klageschrift vorgebracht worden war. Das Eintragen dieses zweiten Wortes sei nichts, wofür ein "verständiger Konsument" eine finanzielle Kompensation erwarten würde.
"The decision ranks as one of the most interesting Internet law rulings so far in 2016."
"Googles Verhalten ist nicht unmoralisch und repressiv, weil die Beeinträchtigung - falls überhaupt vorhanden - beim Eintippen eines Wortes nicht den Nutzen übersteigt." Also kurz: Der Deal ist fair, weil die User einen Gratisdienst von Google nutzen können und dafür eine kleine Gegenleistung erbringen müssen.
Auch wenn sich also weiterhin mit Captchas kein Geld verdienen lässt - laut Ars Technica hat ein kalifornischer Juraprofessor die Entscheidung als "eine der bislang interessantesten Internet-Gerichtsurteile“ bezeichnet. Denn klar ist: Fast das ganze Netz beruht auf solchen Deals: Wir bekommen eine Gratisleistung und liefern dafür Daten oder entschlüsseln unleserliche Buchstaben oder Ziffern. Für die Unternehmen schafft das Urteil zumindest Rechtsicherheit, wenn sie sich auf den Fairnessgedanken berufen können - der auch noch richterlich abgesegnet wurde.