Bundestagswahl aus Korrespondentinnen-PerspektiveKatharina Hamberger zur Wahl: "Ein völlig offenes Feld"
Es war ein ruhiger, um nicht zu sagen langweiliger Wahlkampf - trotz drängender Themen, aktueller Ereignisse und häufigem Wandel der Wählergunst. Unsere Hauptstadtkorrespondentin Katharina Hamberger blickt analytisch zurück und wagt einen Blick auf die heutige Wahl und die Zeit danach.
Eigentlich müsste es der Wahlkampf des Jahrzehnts gewesen sein, meint unsere Hauptstadtkorrespondentin Katharina Hamberger - so viele wichtige Fragen sind offen: Wie mit dem Klimawandel umgehen? Wie geht es mit der Digitalisierung weiter? Und Afghanistan? Und und und… Aber statt eines Streits um beste Konzepte und Aufbruch kam? Wenig. Unsere Korrespondentin gibt zu, ein bisschen enttäuscht worden zu sein.
Brennende Themen, enttäuschender Wahlkampf
Es wurden schon Themen angesprochen, die wichtig sind, räumt sie ein, aber eben nicht so, wie man das vielleicht erwartet hätte. Möglicherweise liegt das daran, dass Angela Merkel nicht mehr zur Wahl steht, vermutet Katharina Hamberger. Weil erstmals kein*e Amtsinhaber*in antritt, fehlten vielleicht die natürlichen Pole.
"Es ist ein völlig offenes Feld – eine Situation, die man vorher noch nicht hatte."
Auf verschiedene Arten hätten alle Parteien versucht, ihre Kampflinien zu finden. Eine echte Polarisierung sei aber nicht zustande gekommen. Trotzdem gab es Überraschungen – etwa, dass die SPD sich noch mal so schnell erholt, hätten viele (auch unsere Korrespondentin) nicht gedacht. Insgesamt gab es in der Wählergunst viele Schwankungen über den Wahlkampf hinweg.
"Ich glaube, das ist auch etwas, dass die Union verpennt hat. (…) Es gibt eine doch große Wählerschaft innerhalb dieser Unionswählerschaft, die die Union gewählt hat wegen Angela Merkel."
Woher kamen diese Stimmungswechsel? Im Wahlkampf sind auch viele Fehler und Patzer passiert. Im Interview erinnert unsere Korrespondentin noch mal an wichtige Ereignisse und analysiert, wie sich das auf die Wähler*innen ausgewirkt hat. Zum Beispiel, dass die CDU ein bisschen versäumt hat, im Blick zu haben, dass viele Frauen die Union erst wieder wegen Angela Merkel gewählt hatten.
"In diesem Wahlkampf wird manchmal der Eindruck erweckt, wir würden Kanzlerin oder Kanzler direkt wählen."
Härter als früher scheint ihr der Wahlkampf nicht gewesen zu sein. In der Vergangenheit gab es durchaus heftigere Auseinandersetzungen, erinnert sie sich – bis hin zu Klagen gegen Wahlkampfreden, die tatsächlich gewonnen wurden.
Social Media verschärfen Wahlkampf und Klima
Allerdings beobachtet Katharina Hamberger gegenüber früher eine Veränderung des Wahlkampfs durch die Begleitung durch Social Media, die zu einer stärkeren gesellschaftlichen Polarisierung und einem härteren Klima bis hin zu Hass und Hetze im Netz führe. Und auch an den klassischen Medien übt sie etwas Kritik.
"Die Wahlkampfthemen waren immer angetrieben von aktuellen Ereignissen."
Welche Parteien und Politiker*innen welche Fehler unterlaufen sind und was sie gut gemacht haben, wie es zu den starken Stimmungswechseln in der Wählerschaft kam, welche Rolle die Medien, die sozialen Medien und Umfragen spielten und was Katharina Hamberger noch überrascht und erstaunt hat - das und mehr erzählt sie im Gespräch mit Sebastian Sonntag. Und wir klären die Fragen, warum die Union am Dienstag möglicherweise Krankenwagen bestellen und wie es nach der Wahl weitergehen könnte. Unter anderem. Für das ganze Gespräch klickt oben auf den Playbutton.
"Eine Koalition, in der die Linke eine Rolle spielt, halte ich ehrlich gesagt für ausgeschlossen. – Aber ich habe auch gedacht, dass Trump nicht Präsident wird. Und, dass die Briten in der EU bleiben,"