Katastrophale humanitäre SituationSudan: Für Hilfsorganisationen ist es äußerst schwierig
Die Konfliktparteien im Sudan haben sich auf eine siebentägige Waffenruhe geeinigt. International sorgt das für kurzes Aufatmen. Doch die Lage im Land ist nach wie vor katastrophal. Unser Korrespondent hat mit Hilfsorganisationen gesprochen.
Im Sudan fehlt es gerade an allem, vor allem an Lebensmitteln und an medizinischer Versorgung. Hunderttausende Menschen sind deshalb auf der Flucht, und auch internationale Organisationen und Botschaften bringen ihre Leute aus dem Land oder haben das schon gemacht.
330.000 Menschen auf der Flucht
Laut Angaben der Internationalen Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM) befinden sich gerade 330.000 Sudanesinnen und Sudanesen im Land auf der Flucht. 100.000 seien bereits aus dem Land geflüchtet – 800.000 weitere könnten folgen.
Hilfsorganisationen wie die IOM, Unicef oder das Welternährungsprogramm versuchen, diesen Menschen zu helfen – denn wenn sie es nicht machen, dann macht es gerade einfach niemand sonst, sagt Jan-Frédéric Willems, unser Korrespondent in Genf. Er hat sich mit den Organisationen unterhalten, die immer noch Mitarbeitende im Krisengebiet im Sudan haben:
- Sie unterstützen die Menschen bei der Ausreise.
- Sie registrieren sie als Flüchtlinge.
- Sie helfen auch mal mit Bargeld aus, damit die Menschen den Bus ins nächste Dorf bezahlen können.
"Die Mitarbeitenden der Hilfsorganisationen sind oft Locals aus dem Sudan oder aus Nachbarländern – und die müssen gerade irre viel leisten."
Die Mitarbeitenden, die noch vor Ort sind, sind häufig Locals aus dem Sudan selbst oder aus Nachbarländern. Sie müssen gerade sehr viel leisten – und leben in großer Gefahr: Das Welternährungsprogramm hat vor einigen Wochen drei Mitarbeiter verloren, die zwischen die Fronten geraten waren.
Mitarbeitende in Todesgefahr
Und auch ein Mitarbeiter der Internationalen Organisation für Migration der Vereinten Nationen wurde erschossen – ausgerechnet zum Fest des Fastenbrechens nach dem Ramadan, berichtet Jan-Frédéric Willems.
"Das Welternährungsprogramm und die Organisation für Migration der Vereinten Nationen haben im Sudan Mitarbeiter verloren."
Angst, Chaos, Gewalt, Stromausfall, Nahrungsmangel, kein Wasser: Für die Helfer*innen, die noch am Leben sind, sei die Arbeit äußerst hart, hat Jan-Frédéric Willems erzählt bekommen.
Zahlreiche Plünderungen
Ganze Lastwagen mit Essenslieferungen des Welternährungsprogramms wurden geklaut. Außerdem haben Plünderer medizinische Güter der Weltgesundheitsorganisation WHO an sich gerissen.
"Wenn die Mitarbeiter dann versuchen zu helfen, dann kriegen sie noch so was vor den Latz geknallt wie zum Beispiel Plünderungen."
Die Hilfsorganisationen versuchen, ihre Leute so gut zu schützen, wie es eben geht. Und punktuell wird die Arbeit auch mal eingestellt oder Büros geschlossen.
Dass sie allerdings ganz abziehen, kommt praktisch nicht infrage, haben zum Beispiel IOM und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Jan-Frédéric Willems gesagt. Das sei für die Organisationen die allerletzte Option. Sie sagen: Wenn wir am Ende abhauen, dann leidet nur die Bevölkerung selbst darunter – und dieser geht es am schlechtesten.
UN-Nothilfekoordinator Griffiths im Sudan
Wir bleiben hier und wir arbeiten weiter – dieses deutliche Zeichen wurde auch durch die Entsendung des erfahrenen UN-Diplomaten Martin Griffiths in den Sudan gesetzt. Der Chef der UN-Nothilfe soll die Situation vor Ort managen – er hat angekündigt, auch persönlich mit den beiden Militärchefs sprechen zu wollen.
Vor allem zwei Dinge seien nötig, hat er gesagt:
- Geld: 1,7 Milliarden US-Dollar seien nötig, um die Hilfsarbeit im Sudan weiterhin ordentlich leisten zu können. Davon sind bisher allerdings gerade mal 200 Millionen zusammengekommen.
- Sicherheitsgarantien: Die beiden Konfliktparteien müssten den Hilfsorganisationen zusichern, dass diese vor Ort weiterarbeiten können und nicht weiter ausgeplündert werden.
Info: Unser Bild oben zeigt Mitarbeitende einer Hilfsorganisation in Aswan (Ägypten) am 03.05.2023. Sie bereiten Pakete für Geflüchtete aus dem Sudan vor.