Karl Marx und der KommunismusDie Rolle von Eigentum für soziale Gerechtigkeit

Eigentum und gesellschaftlichen Reichtum gerecht verteilen – ist das der richtige Weg, um soziale Gerechtigkeit zu verstehen? Und was hat Karl Marx dazu zu sagen? Ein Vortrag des Philosophen Christoph Menke.

Es ist noch nicht so lange her, da haben wir davon geredet, dass wir Ermächtigung und Teilhabe brauchen, um uns dagegen zu wehren, unterdrückt oder ausgeschlossen zu werden. Heute hingegen reden wir von Kämpfen um das Eigentum, sagt der Philosoph Christoph Menke. Er ist Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

"Geht es nicht darum, dass die Ausgebeuteten ihr rechtmäßiges Eigentum erhalten?"
Christoph Menke, Philosoph

"Geht es nicht darum, dass die Ausgebeuteten ihr rechtmäßiges Eigentum erhalten? Dass die Kolonisierten über ihr kulturell Eigenes verfügen? Dass das Selbsteigentum der natürlichen Arten und der Tiere, Pflanzen, Flüsse und Landschaften anerkannt wird?" fragt Christoph Menke in seinem Vortrag.

Was er damit meint: Wir reden davon, dass wir gesellschaftlichen Reichtum gerecht verteilen müssen. Wir fragen, wer sich was und wie viel angeeignet hat, was der Person oder der Gruppe oder dem Land nicht zusteht. Im Kampf gegen den Kolonialismus und seine Folgen geht es zum Beispiel um kulturelle Appropriation und Expropriation, also um die Frage, wem kulturelle Praktiken, Dinge und Wissen gehören.

Was können wir von Karl Marx lernen?

Auch wenn es um die die Folgen des Klimawandels geht und die Frage, wie wir sie abmildern können, reden wir oft in Begriffen von Besitz und Eigentum: zum Beispiel, wie wir Menschen uns die Natur zu eigen gemacht haben, wie wir sie nutzen und gebrauchen als gehöre sie uns. Es erscheint uns selbstverständlich, dass wir so reden, sagt Menke, wir sollten das aber kritisch hinterfragen.

"Marx bestimmt die gegenwärtige Gesellschaft wie deren Überwindung in Begriffen des Eigentums. Deshalb ist er ein guter Adressat für meine Frage: Ist das eine gute Idee?"
Christoph Menke, Philosoph

Was folgt daraus, wenn wir Probleme sozialer Gerechtigkeit in Begriffen von Eigentum, Besitz, Verfügen und Gebrauchen verstehen? Um diese Frage zu beantworten, schaut sich Christoph Menke Karl Marx an. Für Marx war der Kommunismus die "Enteignung der Enteigner". Damit, so der Philosoph, ist Marx hochaktuell für die Beantwortung der Frage, ob wir die Probleme unserer Zeit mit den Begriffen des Eigentums verstehen sollten – oder nicht.

Christoph Menke ist Professor für Praktische Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sein Vortrag hat den Titel "Expropriation der Expropriateure. Eigentum nach dem Kapitalismus". Er hat ihn am 6. Juni 2024 an der Humboldt-Universität zu Berlin gehalten im Rahmen der Vorlesungsreihe "Theorie und Gesellschaft" des Arbeitsbereichs Allgemeine Soziologie am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin.

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