Was wir in der Kantine essenGemüse im Kopf, aber Currywurst auf dem Teller
Superfood und Chia-Samen, Rohkost, Low-Carb, Gemüse-Bowls: Das gibt es alles, nur nicht in Deutschlands Kantinen. Seit 27 Jahren ist da die Currywurst mit Pommes der Spitzenreiter unter den Gerichten. Warum nur? Das will unser Reporter wissen.
Donnerstag ist "Schnipo-Tag", es gibt Schnitzel mit Pommes. Und das ist wahrscheinlich nicht nur in der Kantine des Deutschlandfunks so, sondern sicher auch in vielen anderen Kantinen deutschlandweit, an irgendeinem Tag. Denn das Schnitzel ist neben dem Seelachsfilet und der Currywurst eines der drei meist gekochten Gerichte in den Kantinen des Landes.
"Es ist jeden Donnerstag Schnitzel auf der Karte. Und das ist auch das Gericht unter der Woche, das ich mit der meisten Anzahl kalkuliere."
Kantinen-Chef Fabian Hedermann wundert sich nicht, dass Gerichte wie das Schnitzel so oft nachgefragt werden. Seiner Meinung nach stehen die Leute einfach auf Klassiker. Bei Spaghetti, Bratwurst oder Frikadellen weiß eben jeder, was ihn erwartet. Und das spielt offenbar für viele eine Rolle, denkt er.
"Ich glaube, die Leute wollen Klassiker, wo man nicht viel experimentieren muss, wo man nicht mutig sein muss, wo man nicht enttäuscht werden kann."
Unser Reporter Stephan Beuting wundert sich allerdings doch über das Essverhalten in der Kantine. "In unserer Redaktionsdatenbank finden sich über 1700 Beiträge und Sendungen zum Thema Ernährung", sagt er. "In den vergangen Jahren ist gesunde und nachhaltige Ernährung eines der Top-Themen allgemein. Wie kann es sein, dass in einem Funkhaus, in dem ständig über negative Folgen des Fleischkonsums gesendet wird, der Schnipo-Tag am meisten kickt?"
"Diese Frage, sich nachhaltig zu ernähren und klimaschonend zu essen, tritt glaube ich bei vielen Menschen in einer Kantine in den Hintergrund."
Etwas wissen und sich entsprechend verhalten, sind zwei Paar Schuhe, meint die Agrarwissenschaftlerin Britta Klein, die beim Bundeszentrum für Ernährung arbeitet: "Information hilft nicht bei Verhaltensänderung. Das ist die Lehre der Ernährungsberatung der letzten 30 Jahre", sagt sie.
Wissen versus Essen
Früher habe man gedacht, wenn die Menschen mehr über die schädlichen Folgen des Fleischkonsums wissen, würden sie ihr Verhalten ändern. Doch speziell bei der Essensauswahl in der Kantine spiele das für viele kaum eine Rolle. Anders sei das beim Einkauf oder beim Essen zu Hause: "Da gibt es so zarte grüne Triebe", sagt Britta Klein.
"Die Kantinen sind dem allgemeinen Trend zu weniger Fleisch, mehr Gemüse etwas hinterher. Wir kriegen die da noch hin, aber das ist nichts, was dieses oder nächstes Jahr passiert."
Sie meint, es könnte vielleicht etwas bewegen, wenn man die Schnitzelportionen kleiner und die Salat- oder Gemüsebeilagen größer macht. Vielleicht sei es auch möglich, vegetarische Gerichte etwas günstiger anzubieten. Eine Veränderung Richtung weniger Fleisch auch in Kantinen werde kommen, meint sie. Die Kantinen hinkten da einfach dem allgemeinen Trend leicht hinterher.