Kampf gegen AidsMehr Neuinfektionen, keine Prävention - die Situation in Osteuropa ist katastrophal
Europa ist der einzige Kontinent, auf dem die Zahl der HIV-Neuinfektionen steigt. Wie kann das sein? Seit Jahrzehnten wird gegen Aids gekämpft. Aber kaum im Osten Europas. Die Situation dort ist katastrophal, sagt Holger Wicht von der Deutschen Aids-Hilfe.
Morgen (01.12.) ist Welt-Aids-Tag. Vorab wurden neue Zahlen veröffentlicht. Unter anderem jene, dass die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Europa steigt und, dass jeder zweite Infizierte in Europa viel zu spät von seiner Infektion erfährt. Die Zahlen sind erschreckend, zugleich muss man sie genau betrachten.
In Deutschland sei die Situation sehr stabil. "Im europäischen Vergleich haben wir wenige Neuinfektionen auf niedrigem Niveau", sagt Holger Wicht. Doch im Osten Europas ist die Situation anders.
"In Osteuropa ist in einigen Ländern tatsächlich die Hölle los. Das betrifft vor allem Russland, aber auch die Ukraine."
In Russland habe es im Jahr 2016 hunderttausend Neuinfektionen gegeben. Mehr als eine Million Menschen seien HIV-positiv, sagt Wicht. Die Situation sei bedrohlich, es gebe kaum Prävention. Das gelte für Russland aber auch für Kasachstan.
"Wenn man Drogenkonsum und Sexualität stark tabuisiert, dann kann man keine guten Präventionsbotschaften senden."
Prävention sei kaum zu vermitteln, wenn man zugleich Menschen für ihre Drogenabhängigkeit oder Sexualität ächtet. Vor allem in Russland sieht Wicht hier große Probleme. "Es gibt eine massive Blockade gegen alles, was im Bezug auf HIV-Prävention hilft."
Aber das Problem ist nicht nur die fehlende Prävention, sondern dass noch viel zu wenige Erkrankte HIV-Medikamente erhalten. In Russland sind es nur ein Drittel, sagt Wicht.
HIV ist weiterhin ein Stigma
Viele Menschen in Osteuropa trauen sich nicht, zum Arzt zu gehen. Sie machen keinen Test, denn HIV gilt weiterhin als Stigma. Doch das kann dazu führen, dass sie andere infizieren, wenn HIV unerkannt bleibt.
Es braucht Hilfe - auch finanzielle
Wicht fordert, dass auf die Regierungen politischer Druck ausgeübt wird. Dass zugleich die Zivilgesellschaft unterstützt werde - insbesondere Organisationen, die sich für Aufklärung einsetzen.
"Jetzt weniger zu tun, wäre fatal. Osteuropa ist nicht allzu weit von uns entfernt. Eine Epidemie bleibt in Zeiten der Globalisierung nicht lokal."
Dabei geht es auch um finanzielle Hilfen. Sich jetzt aus Osteuropa zurückzuziehen, sei ein großer Fehler, sagt Wicht.
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