Kritik am KanzlerSPD: Philipp Türmer will die Jusos aufmischen
Beim Bundeskongress der Jusos ist Philipp Türmer an die Spitze der SPD-Jugendorganisation gewählt worden. Die Jusos sind mit der Arbeit von Kanzler Scholz nicht zufrieden. Im Interview erklärt der 27-Jährige, warum es seiner Meinung nach eine Abkehr von der Schuldenbremse geben muss.
Mit 54 Prozent der Stimmen setzte sich Philipp Türmer gegen Mitbewerberin Sarah Mohamed durch. Türmer, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der SPD Offenbach, folgt auf Jessica Rosenthal, die nicht mehr für den Bundesvorsitz der Jusos kandidierte.
Im Gespräch mit Deutschlandfunk Nova erklärt der Sozialdemokrat, dass die Jusos in zahlreichen Fragen nicht mit der Haltung der SPD-Spitze um Kanzler Olaf Scholz übereinstimmen. Dazu zählt beispielsweise die Asyl- und Migrationspolitik sowie die Schuldenbremse, die die Jusos abschaffen wollen.
"Wir treten für die Abschaffung der Schuldenbremse ein. Außerdem fordern wir einen anderen Kurs in der Asylfrage als der, den der Kanzler vorschlägt."
Deutliche Kritik am Kanzler
In seiner Bewerbungsrede hatte Türmer Kanzler Scholz angegriffen, weil dessen aktueller Kurs "mit Blick auf die Umfragewerte offenbar nicht funktioniert". Die Armut in Deutschland steige weiter an – die Ungleichheit sei so groß wie zuletzt vor dem 1. Weltkrieg.
"Fragen der Verteilungsgerechtigkeit werden aktuell von der Ampel zu wenig beantwortet und ich glaube, wenn wir erfolgreicher werden wollen als SPD und Bundesregierung, müssen wir der Regierung einen klaren sozialdemokratischen Kurs geben."
Als Kanzler einer Koalition mit drei Parteien, die unterschiedliche Interessen vertreten, müsse Olaf Scholz nicht nur moderieren – sondern auch eine klare Richtung vorgeben. Mit "zwei schwierigen Partner*innen wie den Grünen und der FDP" sei das nicht leicht.
"Der Kanzler der SPD"
"Trotzdem ist Olaf Scholz der Kanzler der SPD. Er hat die Wahl mit der SPD gewonnen und dabei einen klaren linken Wahlkampf geführt, in dem es um Respekt und Anerkennung ging", meint der Juso-Vorsitzende. Gerade ärmere und Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen hätten in den letzten Jahren Verluste hinnehmen müssen. Und genau für diese Menschen müsse die SPD wieder Politik machen, findet Philipp Türmer.
"Die sozialdemokratische Bewegung und linke Politik ist extrem zeitgemäß. Wenn wir uns in Europa umschauen, sehen wir, dass der Faschismus stärker wird. Dass das nicht in jedem Land so ist, liegt daran, dass es starke Sozialdemokraten gibt."
Ein Gefühl von Politikverdrossenheit im Verband spürt Philipp Türmer nicht – die Stimmung bei den Jusos sei gut. Die Sozialdemokratie hält er für "extrem wichtig für das Fortbestehen liberaler Demokratien". Deswegen lohne es sich, dafür zu kämpfen.