LangzeitstudieMillennials sind unzufriedener mit ihren Demokratien als frühere Generationen
Junge Menschen sind im Vergleich zu ihren Vorgängergenerationen weltweit unzufriedener mit den Demokratien in ihren Ländern. Eine der Ausnahmen sind wir Deutschen: Laut der Studie haben wir zwar hohe Ansprüche, sind aber auch zufriedener geworden.
Um ein umfangreiches Stimmungsbild einzufangen, haben Forschende des Centre for the Future of Democracy an der Universität Cambridge Daten aus den Jahren 1973 bis 2020 ausgewertet. In diesen Jahren haben sie sich jeweils die Menschen zwischen 18 und 34 Jahren angeschaut und so Auskunft über das Politikverständnis von vier aufeinanderfolgenden Generationen erhalten können: von der Zwischenkriegsgeneration, die zwischen 1918 und 1943 geboren wurde, von den Babyboomern, die bis 1964 geboren wurden, von der Generation X, geboren bis 1980 und von den Millennials, die bis 1996 geboren wurden.
In Bezug auf die Millennials haben die Forschenden erstmals Daten aus 160 Ländern und von rund fünf Millionen Befragten gesammelt. Dabei konnten sie feststellen: Im Laufe der Zeit sind die Jugendlichen im Durchschnitt weltweit immer unzufriedener mit der Demokratie geworden.
Das Vertrauen ist gesunken
Als Ursache für die schwindende Zufriedenheit sehen die Forschenden vor allem finanzielle Aspekte. In Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit und ungleich verteiltem Reichtum steige demnach die Unzufriedenheit. Von den jungen Menschen werde das als Versagen der Demokratie wahrgenommen.
In Lateinamerika, einigen südeuropäischen Ländern und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara sind die Demokratien noch jung. Auch hier zeigten die Jugendlichen "Ermüdungserscheinungen", sagen die Forschenden. Das könne daran liegen, dass die junge Generation keine Erinnerung mehr an den autoritären Staat hat, der ihr Land einmal gewesen ist und dass sie für die Demokratie nicht kämpfen musste. Die jungen Menschen könnten deshalb auch den Wert ihrer Demokratie nicht verstehen.
Populistische Parteien beliebter
Zudem konnten die Forschenden feststellen, dass junge Menschen weltweit den populistischen Parteien, sowohl aus dem linken als aus dem rechten Spektrum, nicht abgeneigt sind. Das zeigt sich beispielsweise dadurch, dass in Ländern, in denen Populisten an die Spitze gewählt wurden, die Zufriedenheit mit der Demokratie wieder gestiegen ist. Vor allem bezieht sich das auf die erste Amtszeit.
"Weltweit ist es wohl so, dass junge Menschen populistische Politikerinnen und Politiker ganz gut finden, sowohl aus dem linken Spektrum als auch von rechts."
Ein Beispiel hierfür ist der Präsident Jair Bolsonaro in Brasilien. Es gibt aber auch eine Ausnahme: Donald Trump. In dessen erster Amtszeit waren die Jugendlichen nicht zufriedener.
Deutschland: Hohe Ansprüche, aber auch zufriedener
In Deutschland stellten die Jugendlichen laut der Forschenden hohe Ansprüche an die politischen Institutionen. Und dennoch: Junge Menschen in Deutschland, sowie in Ländern in Zentral- und Osteuropa, in denen es früher kommunistische Systeme gab, sind im weltweiten Vergleich zufriedener mit ihren Demokratien geworden.
"Tatsächlich sticht Deutschland in der Studie als eines der Länder heraus, in denen die jungen Menschen zufriedener mit der Demokratie geworden sind und nicht unzufriedener."
Doch auch in Deutschland sei es – wie in vielen anderen Ländern – so, dass die Millennials zunehmend dazu neigten, die politische Gegenseite als "moralisch mangelhaft" anzusehen, sagen die Forschenden. Das verstärke sich auch durch Social Media, da in den konsumierten Blasen nur noch die eigene Meinung verstärkt werde und andere Meinungen als "Gegner" wahrgenommen werden.