Jule und Lukas Bosch"Nachhaltigkeit, die sich wirtschaftlich lohnt"
Jule und Lukas Bosch hatten eine spezielle Idee, mit der sich das Problem mit invasiven Arten lösen lässt. Aus lästigen Krabben machten sie eine Delikatesse und verkauften es gewinnbringend. Das ist nachhaltig und zugleich wirtschaftlich.
Irgendwann waren die amerikanischen Sumpfkrebse im Berliner Tiergarten zu einer Plage geworden. Ausgesetzt als ungeliebte Haustiere vermehrten sie sich dort ohne Fressfeinde massenhaft. Ein Problem für andere Arten und für die Biodiversität im Ökosystem.
Statt die Tiere aufwendig einsammeln und entsorgen zu lassen, hatten Jule und Lukas Bosch etwas Besseres mit ihnen vor. Sie haben recherchiert und aus den unbeliebten Krustentieren eine ziemlich beliebte Delikatesse gemacht – Problem gegessen. Ihr Unternehmen haben sie Holycrab genannt. Mitgründer und Küchenchef ist Andreas Michelus. Heute arbeiten die beiden auch als Beratende. Hinter ihrer Geschäftsidee steht eine Frage, so Lukas: "Wie können wir aus den Problemen, die wir haben, Potenziale machen?"
Sparpotential beim Marketing
Daraus haben die beiden ein Muster entwickelt. Sie beschreiben das als positive Rückkopplung und verbinden ökologisch sinnvolles Handeln mit erfolgreichem Wirtschaften. Ein konkreter Vorteil liegt beim Marketing. Echte Nachhaltigkeit senkt den Werbeetat. Sie ist für sich schon eine gute, untrennbar mit dem Produkt verbundene Geschichte. Generell sinke dann die Customer Acquisition Cost, sagen die beiden.
"Unternehmen, die nachhaltige Produkte haben, müssen sehr viel weniger Geld für Marketing ausgeben, weil sich das fast von selber weiter erzählt."
Bei den Sumpfkrebsen – verkauft aus dem Foodtruck – haben sie nicht aufgehört. Sie haben dann auch Dinner-Events mit aufwendigen Menüs organisiert: jeder Gang eine andere Plage. Die Events waren als Supperclub mit Ticketvorverkauf angelegt. Grundsätzlich passen invasive Arten perfekt zur Nachfrage gehobenen Gastronomie: Sie sind regional und ungewöhnlich zugleich.
Nilgans mit grüner Soße
Auf der Speisekarte stehen unter anderem Sumpfkrebs, Waschbär und Nilgans. Zu den pflanzlichen invasiven Delikatessen gehört beispielsweise der japanische Staudenknöterich.
"Wir haben die Nilgans zubereiten lassen, mit grüner Soße, Kräutern und Eigelb-Crumble. Hat funktioniert, war auch sehr lecker."
Pandemiebedingt ist das Gastro-Geschäft mit Foodtruck und Co zum Erliegen gekommen. Jule und Lukas haben sich eher auf Produkte fokussiert – Krabbenessenz für Feinkostgeschäfte beispielsweise. Außerdem haben sie für ihr Buch "ÖKOnomie" Unternehmerinnen und Unternehmer recherchiert, deren Geschäftsmodell ebenfalls um einen nachhaltigen Kern herum angelegt ist.
Für sie ist es ein Best-Practice-Buch, das anhand verschiedener Beispiele Handlungsmuster synthetisiert. Sie nennen die Unternehmen: Forest Gum – das Endprodukt ist Kaugummi, Tomorrow – eine Banking App, und Goldeimer – einen Kompostkloanbieter. Geschäfte, die für sie eine ganz allgemeine Verantwortung übernehmen.
"Das delegieren von Verantwortung in puncto Klimakrise führt nirgendwohin."
Was Jule und Lukas von Greenwashing und Schuldzuweisungen halten, hört ihr mit einem Klick auf Play. Sie sprechen auch über den Münchner E-Auto-Hersteller Sono Motors und darüber, warum es für sie schon passt, wenn nachhaltige Geschäftsmodelle – die Unverpackt-Läden zum Beispiel – kopiert werden.